Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 115 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 115 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich

Bild der Seite - 115 -

Bild der Seite - 115 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich

Text der Seite - 115 -

115 5. Nationale Illustrationen auch ruthenische Lehrer und Professoren, ruthenische Beamte aus Ostgalizien wurden nach Westgalizien unter „die Mauren“ versetzt.95 Als eine Folge der pol- nischen Sprachverordnung kam es zu schwerwiegenden Differenzen zwischen Goluchowski und dem Finanzminister, da dieser, so lautete der Vorwurf, Beamte mit unzureichenden Polnischkenntnissen nach Galizien entsende und es außer- dem im Finanzministerium zu wenig Beamte gebe, die die fast ausschließlich polnischen Eingaben aus Galizien zu lesen imstande wären. Der Staathalter be- stand darauf, einen Polnisch sprechenden Landsmann, der das „Vertrauen des Landes“ besaß, als Referenten für galizische Angelegenheiten ins Ministerium zu berufen. Dies gab den Nationalpolen eine Handhabe: Die bereits erwähnte Ver- mehrung der polnischen Beamten im Finanzministerium war die Konsequenz. Mit Dr. Julian Ritter von Dunajewski als Finanzminister (1880–1891) begann die Zahl der polnischen Beamten im Finanzministerium zu steigen.96 Eine andere schwerwiegende Konsequenz war aber auch der Schwund der deutschsprachigen Beamten in Galizien. Die beiderseitige Unkenntnis der Sprachen, die polnischen Beamten in Galizien sprachen nicht Deutsch, die deutschsprachigen Beamten der Zentralverwaltung nicht Polnisch (wobei die größere Hemmung sicher bei den Deutschösterreichern zu finden war, eine slawische Sprache zu lernen), ver- hinderte aber auch jede vernünftige Kontrolle durch die Zentralstellen, etwa durch einen nichtpolnischen Ministerialbeamten, sodass nicht nur Kleinwaech- ter über die Finanzverwaltung in Galizien nichts Gutes berichtete, sondern auch Finanzminister Ernst Plener (1893–1895) gegenüber dem Kaiser ernstliche Sorgen über den Zustand der Verwaltung in Galizien äußerte und den polnischen Be- amten „den richtigen Begriff vom Pflichtgefühl und Anstand“97 absprach. Klein- waechter als deutschnational gesinnter Beamter und Plener als Deutschliberaler können nicht als ausgesprochen polenfreundlich bezeichnet werden, die Diszip- linarfälle allein sprechen für die Unordnung der Verwaltung in Galizien, die zu einem Viertel (gesamtösterreichisch gesehen) aus diesem Land stammten. Die Möglichkeiten der Wiener Regierung, einzugreifen, waren im Fall von Galizien begrenzt. 95 Siehe BERNHARD RITTER von ME�ER, Erlebnisse des Bernhard Ritter von Meyer weiland Staatsschreiber und Tagsatzungs-Gesandter des Kantons Luzern, nachmaliger k. k. Hof- und Ministerialrath, Sekretär des Ministerrathes, II (Wien 1875), S. 46; zu den Folgen der polnischen Autonomie in diesen Jahren DEAK, The Austrian Civil Service, S. 224 f. 96 Dazu und zum Folgenden KLEINWAECHTER, Der fröhliche Präsidialist, S. 52 f.; auch GOLDINGER, Das polnische Element, S. 65 und 67. 97 So Finanzminister Ernst Plener, zit. nach MEGNER, Beamte, S. 282.
zurück zum  Buch Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich"
Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Josephinische Mandarine