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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 132 -
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IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 132 obersten Rangklasse I (Ministerpräsident) günstiger gestellt145 und 1868, im neuen Verfassungsstaat, erhielten alle Beamten, deren Gehälter unter 1.050 Gulden la- gen, eine Teuerungszulage. 1869 erhöhte man mit den Offiziersgagen auch die Gehälter der Militärbeamten.146 Doch alle diese Maßnahmen genügten nicht. Die Steigerung der Lebenshaltungskosten rief förmlich nach einer grundsätzlichen Re- form des Besoldungswesens des Staatsdienstes.147 Die politische Konstellation war in der Ära des Liberalismus für die Beamtenwünsche günstig, erstaunlich, da die Deutschliberalen, die im Reichsrat dominierten, wirtschaftsliberal und damit eher bürokratiefeindlich eingestellt waren. Doch den Beamten ging – in Erinnerung an ihre Haltung im Jahr 1848 – der Ruf voraus, bürgerlich und liberal eingestellt zu sein. Sozial gesehen war, wie bereits erwähnt,148 der Anteil des Hochadels laufend zurückgegangen, er betrug beispielsweise in der Ministerialbürokratie nach 1867 nur ein bis zwei Prozent, um später wieder auf zwei bis drei Prozent anzusteigen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren in der höheren Ministerialbürokratie und – vorrangig – in den hohen Rängen der Länderverwaltung zu Beginn des 20. Jahr- hunderts an die 16 % Hocharistokraten vertreten. In diesen elitären Rängen gab es allerdings nahezu 25 % Kleinadelige, die aufgrund ihrer treuen Dienste für Kaiser und Staat neu in den Adelsstand (Dienstadel) erhoben worden waren. Einkom- men und Lebensstil des sogenannten Dienstadels entsprachen durchaus jedoch dem des Bürgertums. Fast 60 % der Beamten war ohne Adelsprädikat.149 Die liberalen Regierungen der 1870er-Jahre mochten zum einen damit speku- liert haben, die offenbar gleich gesinnten Staatsdiener mit politischen Aufgaben zu betrauen, wofür diese einer finanziell halbwegs unabhängigen Stellung bedurf- ten. Zum anderen konnte auch eine liberale Regierung im Sinne eines reibungs- losen Arbeitsablaufes nicht auf das loyale Wohlwollen und die Arbeitsfreude der Beamten verzichten, sodass man sich besann, die Beamten im eigenen Interesse zufriedenzustellen. Die Beamten hatten ihrerseits nicht ungeschickt die Gunst der Stunde für ihre Interessen genutzt und Druck auf die Regierung auszuüben begonnen. Schon 1865 145 Dazu RRPROT., Haus der Abgeordneten, VII. Session, 64. Sitzung am 1. März 1873, S. 1269. 146 MEGNER, Beamte, S. 93. 147 So auch die Argumentation im Abgeordnetenhaus, RRPROT., Haus der Abgeordneten, VII. Session, 64. Sitzung am 1. März 1873, S.1269–1290. 148 Siehe Kapitel „Widersprechende Loyalitäten“. 149 STIMMER, Eliten in Österreich I, 406; Zählung der hohen Ränge durch URBANITSCH, The High Civil Service Corps, S. 204 f.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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