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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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133 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung hatte sich der „Erste allgemeine Beamtenverein“ formiert,150 der die österreichi- schen und ungarischen Staatsdiener vertrat – eine absolute Seltenheit angesichts der damaligen politischen Beziehungen zwischen den beiden Reichshälften. Dieser Verein verfügte über den entsprechenden Einfluss, um finanzielle Forderungen für die Beamten zu erheben. In der Zeit der Vereinsfreiheit nach 1867 wurde der „Be- amtentagsclub“ gegründet (1872), der die eher radikalen Beamten versammelte, publikumswirksam Forderungen der Beamten in die Öffentlichkeit trug und sich als relativ unabhängig vom Hof erwies.151 Die Ausdauer der Beamten war von Er- folg gekrönt. Die niederen Beamten, die am meisten unter der schlechten Besol- dung litten, erhielten 1872 eine Teuerungszulage,152 für die der Beamtenverein – und das war neu – Vorschläge abgegeben hatte, nämlich die Gehälter der Beamten der untersten Klassen VIII bis XI, der Kanzlisten, Manipulations- und Rechnungs- beamten, der Diener und Portiere, stufenweise zu erhöhen – von 38 % in der VIII. bis 51 % in der XI. Klasse. Das war jedoch nur der Anfang. Es folgten 1873 Verhandlungen im Parlament, Petitionen von allen möglichen Gattungen der Beamten machten Druck, über die Besoldung der einzelnen Ränge wurde ausgiebig gefeilscht. Es wurde mit der schlechten finanziellen Lage der Staatsdiener, mit Abwendung eventueller Beam- tenbestechlichkeit, mit der Würde, dem Ansehen, der Steigerung der Arbeitsfreu- digkeit und den grundsätzlichen Rechten der Beamten, mit den Erfordernissen eines Rechtsstaates etc. argumentiert, wobei aus den Debatten deutlich zu erken- nen ist, dass sich niemand den Ruf der Beamtenfeindlichkeit einhandeln woll- te.153 Selbst Finanzminister Sisinnio Freiherr de Pretis drückte das Verständnis 150 RUDOLPH SCHWINGENSCHLÖGL, Der erste allgemeine Beamten-Verein der öster- reichisch-ungarischen Monarchie. Geschichte seiner Gründung, Entwicklung und Thätigkeit während der ersten 25 Jahr seines Bestehens (1865–90) (Wien 1890). 151 ERNST BRUCKMÜLLER, Sozialgeschichte Österreichs (Wien/München 22001), S. 316. Über die Beamtenvereine und die Interessenvertretungen neuerdings ausführlich KARL MEGNER, Beamtenmetropole Wien 1500–1938. Bausteine einer Sozialgeschichte der Beamten vorwiegend im neuzeitlichen Wien (Wien 2010) , S. 279–317; auch WALTRAUD HEINDL, Bürokratie, Beamte und das Problem der Modernisierung in der Habsburgermonarchie. In: Focus Austria. Vom Vielvölkerreich zum EU-Staat. Festschrift für Alfred Ableitinger zu 65. Geburtstag, hg. von Siegfried Beer, Edith Marko-Stöckl, Marlies Raffler, Felix Schneider (= Schriftenreihe des Instituts für Geschichte 15, Graz 2003), S. 288 f. 152 Zum Folgenden MEGNER, Beamte, S. 108–126. 153 RRPROT., Haus der Abgeordneten, VII. Session, 53. Sitzung am 15. Jänner 1873, S. 1100–1103 (Petitionen), 63. Sitzung am 28. Februar 1873, S. 1256–1266, 64. Sitzung am 1. März 1873, S. 1269–1293, 65. Sitzung am 3. März 1873, S. 1295–1312, 66. Sitzung vom 4. März 1873, S. 1283– 1292.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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