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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 136 -
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IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 136 ein Beamter an die höchste Grenze seiner Rangklasse gestoßen und in der nächs- ten Klasse keine Stelle frei war – was häufig geschah. Vor allem mussten die nach- rückenden Generationen, die bei ihrer Einstellung besetzte Stellen vorfanden, mit langsameren Schritten der Vorrückung rechnen. Sie hatten daher in der Regel lange zu warten, weshalb die Beamtenvereine bereits ab den 1870er-Jahren eine vom Rang unabhängige Vorrückung für die diesbezüglich höchst unzufriedenen Beamten forderten. Diese wurde jedoch erst viel später umgesetzt. Es war offensichtlich, dass durch das Gesetz von 1873 die Karrieremuster fixiert werden sollten – an und für sich keine Neuheit, da bereits seit 1767 ein Schema für den Staatsdienst festgelegt worden war.161 Innerhalb des neuen Rangklassensys- tems wurde das Karrieremodell aber besser berechenbar. Trotz der heftigen Kritik, die es von vielen Seiten, auch von den Beamten selbst gab, führte das neue Ge- haltsgesetz tatsächlich im Allgemeinen zu einer Besserstellung der Beamten. Der Hofdienst bot, so hat es zumindest den Anschein, noch mehr Chancen. Der Hof- beamte Friedrich Mayr, der sich im Haushalts- und Rechnungswesen des Hofes besonders verdient gemacht hatte, konnte 1875 – ohne abgeschlossenes Studium – zum Hofrat ernannt werden, ein Status, der im Staatsdienst nur Akademikern zustand. Das Gehalt von 5.000 Gulden jährlich162 entsprach ungefähr dem der Staatsbeamten, allerdings gab es noch Zulagen in Form von Naturalien aus der Hofküche, ein Relikt aus alter Zeit. Zu den besseren Existenzbedingungen nach 1873 trugen allerdings noch das Absinken der Lebenshaltungskosten und damit die Steigerung der Kaufkraft der Beamtengehälter bei. Die unbestreitbaren Vorteile der Staatsbeamten mit ihren zwar kleinen, aber sicheren Gehältern, den Dienstzulagen und der garantierten Zeitvorrückung wurden gegenüber den „Privatbeamten“, etwa Bank- und Indus- trieangestellten, die in der sogenannten Gründerzeit zunahmen und steile Karri- eren machen konnten, in der Zeit der Depression nach dem Schwarzen Freitag (1873) deutlich. Die Arbeitslosigkeit mehrte sich sprunghaft. Die Besoldung der Beamten stagnierte zwar wieder aufgrund der langen konjunkturellen Stagnati- onsphase bis in die 1890er-Jahre, doch der Lebensstandard der Staatsdiener stieg seit den 1870er-Jahren erheblich an. 161 HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 174–178. 162 FRIEDRICH FREIHERR von MA�R, Geschichte der Familie Mayr, Manus, S. 52. MAX FREIHERR von MA�R, Geschichte der Familie Mayr, Manus, S. 147, PRIVATARCHIV DER FAMILIE HENCKEL-DONNERSMARCK (weiterhin PA HENCKEL-DON- NERSMARCK), ich danke für die Überlassung des Manuskripts sehr herzlich Frau Elisabeth Henckel-Donnersmarck und Herrn Dr. Peter Rauch.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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