Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 145 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 145 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich

Bild der Seite - 145 -

Bild der Seite - 145 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich

Text der Seite - 145 -

145 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung selbst, indem sie auf die Erfüllung ihrer eigenen sozialen Wünsche nicht vergaßen. Die wechselseitige Abhängigkeit von Regierung, (Parlaments-)Parteien und Büro- kratie hatte sich für die Beamten als nicht zu unterschätzender Vorteil erwiesen, der ihnen ihre Privilegien sicherte. Durch ihr Dienstverhältnis waren sie aus der Masse der Angestellten herausgehoben, da diesem kein privatrechtlicher Vertrag, sondern ein hoheitsrechtlicher Akt vonseiten des Staates zugrunde lag, der zwar den Beamten für sein ganzes Leben und über den Tod hinaus in die Pflicht nahm, doch dafür eine ganz ansehnliche Reihe von Vorteilen bot. Beamte genossen Befreiung von Gemeinde-, Landesumlagen und den Grundentlastungs-Fonds- zuschlägen, das Wahlrecht aufgrund ihres Status (von dem schon die Rede war) sowie das Heimatrecht „ex officio“ am Dienstort, das ihnen nach der Heimat- rechtsnovelle von 1896 nach dem Amtsantritt am Dienstort zugesichert wurde,186 eine wichtige Maßnahme, sollte einer von ihnen in Not geraten. Das Heimatrecht sicherte ihnen in diesem Fall (sowie allen anderen Staatsbürgerinnen und Staats- bürgern), den Lebensunterhalt durch die Heimatgemeinde zu, eine Pflicht, der die Gemeinden zwar nicht gerne nachkamen, doch zu der sie per Gesetz verpflich- tet waren.187 Den Staatsdienern kam ein besonderer strafrechtlicher Schutz bei Ausübung ihres Dienstes zu, und sie erfreuten sich bestimmter Beschränkungen von Gehaltsexekutionen.188 Ein Pensionssystem – auch für Witwen und Waisen –, das sich nach den Dienstjahren orientierte, ein Pensionsantrittsalter seit 1896 mit 60 Jahren, falls man 35 Dienstjahre aufweisen konnte, nahm ihnen die Angst vor einem Alter in Armut.189 Um die Jahrhundertwende betrug die Höhe der Pensi- onen nach 10 Dienstjahren 40 % des Aktivgehalts, nach jedem weiteren Dienst- jahr um 2 % mehr. Sie konnten öffentliche Verkehrsmittel ermäßigt und in einer besonderen Wagenklasse benützen. In den Staatstheatern blieben preiswerte oder nicht bezahlbare Plätze für hohe und höhere Beamte reserviert.190 1912 wurde in Wien das Privat-Krankenhaus „Goldenes Kreuz“ errichtet, das klein aber fein er- 186 Gesetz vom 5. Dezember 1896, RGBL. Nr. 222/1896, HUGELMANN, Nationalitätenrecht, S. 280. 187 HARALD WENDELIN, Schub und Heimatrecht. In: Grenze und Staat. Passwesen, Staats- bürgerschaft, Heimatrecht und Fremdengesetzgebung in der österreichischen Monarchie 1750– 1867, hg. von Waltraud Heindl und Edith Saurer unter Mitwirkung von Hannelore Burger und Harald Wendelin (Wien/Köln/Weimar 2000), S. 195–214. 188 Über die Beamtenrechte- und Pflichten informiert im Detail MA�RHOFER-PACE, Handbuch des politischen Verwaltungsdienstes I, S. 61–273; 189 URBANITSCH, The High Civil Service Corps, S. 199. 190 Max Mayr berichtet von Besuchen in den Hoftheatern „Burg und Oper“, wo für Hofbeamte bei freiem Eintritt – je nach Rang – Plätze reserviert waren, MAX FREIHERR von MA�R, Geschichte der Familie Mayr, Manus, S. 127–139, PA HENCKEL-DONNERSMARCK.
zurück zum  Buch Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich"
Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Josephinische Mandarine