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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 159 -
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9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 159 habe alle Kunstrichtungen gefördert und sei den viel geschmähten Secessionisten mit Sympathie gegenübergestanden. Entgegen der landläufigen Meinung sei das Ministerium, so urteilt Van Heerde, der beste Kenner der ministeriellen Kunst- förderung, auch in nationalitätenpolitischer Beziehung in der Kunstförderung ge- recht und neutral vorgegangen, man habe versucht, national auszugleichen und die Kunst der verschiedenen Nationen zu fördern.232 „Das bei den Beamten weit ver- breitete liberale Gedankengut“ hätte sich im Bereich der Finanzierung der Kunst unter Einbeziehung von Privatpersonen positiv ausgewirkt. Die zeitgenössischen und heutigen Urteile widersprechen der weit verbreiteten Meinung, die Rolle der Bürokraten bei der Förderung der Kunst sei konservativ gewesen und der Moderne ablehnend gegenübergestanden.233 Van Heerde meint, dass erst der Staat, in unserem Fall in der Gestalt des Unterrichtsministeriums, durch die Förderungen die Bedingungen für die außergewöhnliche Blüte der Kunst in Österreich um 1900 geschaffen habe. Außer der von Fachleuten besetz- ten Kunstkommission und dem Kunstrat hätte es vonseiten der Dynastie – selbst bei gänzlich anderem Kunstgeschmack – kaum Einmengung in die Agenden des Ministeriums gegeben. „Es war also der habsburgische Verwaltungsapparat“, so Van Heerde, „der auf selbständige Weise die staatliche Kunstpflege gestalten konnte, was symptomatisch für die Tatsache ist, dass die Beamtenschaft der aus- schlaggebende Faktor im politischen Leben der letzten zwei Dezennien der Mon- archie war.“234 Die gebildeten bürokratischen Eliten hatten nicht nur in Angelegenheit der Kunst starken Einfluss ausgeübt. Politischer Einfluss durch die Bürokratie wurde allein durch Kompetenzverteilung in den „Königreichen und Ländern“ aus- geübt. So war seit der Bach’schen Verwaltungsreform die Finanzverwaltung in den Ländern, die selbstverständlich in Sachfragen dem Finanzministerium un- terstand, dem Statthalter unterstellt, der Finanzlandesdirektor war „sein“ Vize- präsident.235 Dies bedeutete, dass jede steuerliche Amtshandlung, beispielsweise jede Steuerexekution, der Bewilligung der Statthalterei bzw. der untergeordneten Behörde des Bezirkshauptmanns bedurfte, somit als ein Akt der politischen Ver- waltung erschien. Dem Statthalter bzw. dem Bezirkshauptmann war durch die steuerliche Oberhoheit ein bequemes Mittel in die Hand gegeben, in Wahlzeiten 232 Van HEERDE, Staat und Kunst, S. 92 und 326. 233 Van HEERDE, Staat und Kunst, S. 20. 234 Zum Folgenden Van HEERDE, Staat und Kunst, S. 326. 235 Siehe ANHANG I.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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