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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 189 -
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2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 189 um den Wahrheitsgehalt des Grunds, der für die Verspätung angegeben wurde, zu überprüfen: Im vorliegenden Fall war ein Maschinenschaden, der in Bombay be- hoben werden musste, als Entschuldigung angegeben, dass das Schiff des Triester Lloyd 24 Stunden verspätet in Singapur ankam, was von der Seebehörde in Triest und dem Handelsministerium bestätigt worden war. Damit gab sich jedoch der Leiter der Abteilung im Finanzministerium nicht zufrieden und beauftragte die Finanzdirektion in Triest, dem Fall nachzugehen. Diese fand den Koch des be- sagten Schiffes, der einen ganz anderen Grund der Verspätung angab: Der Kapi- tän habe in einem Hafen auf eigene Rechnung Güter geladen, habe also gelogen, als er den Maschinendefekt als Entschuldigungsgrund heranzog. Es geschah, was in einem bürokratischen Apparat geschehen musste. Dem Handelsministerium wurde triumphierend die neue Sachlage mitgeteilt und ihm damit seine „Schlam- perei“ bei der Überprüfung vorgeworfen, was dieses nicht akzeptieren wollte und eine neuerliche Kontrolle des Tatbestands ankündigte. Diese ergab (was wiederum triumphierend dem Finanzministerium mitgeteilt wurde), dass die Angaben des Schiffskochs unwahr gewesen seien und auf gewisse Differenzen zwischen Kapitän und Koch zurückgeführt werden konnten. Die Sache endete mit einem Sieg des Handelsministeriums, weil das Finanzministerium die Aussage des Kochs nicht beweisen konnte. Dieses zahlte die kleine Summe an Meilengeld, die alles in allem in der atemberaubenden Zeit von einem halben Jahr erledigt worden war. Die Kontrolle der Kontrolle des Handelsministeriums durch die Kontrolle des Finanz- ministeriums hatte ehemals, laut Kleinwaechter, ein findiger Beamter, der seine Agenda ausweiten wollte, erfunden. Andere Absonderlichkeiten lagen in so mancher nicht logischen Kompetenz- verteilung der Behörden, wodurch der Geschäftsgang aufgebläht wurde, zum Bei- spiel bei der Finanzverwaltung in den Kronländern, die zwar dem Finanzministe- rium, im Land jedoch seit der neoabsolutistischen Reform der Statthalterei, also der politischen Verwaltung, und damit auch dem Innenministerium unterstand, wodurch Bach seinen Einfluss und eine allumfassende Kontrollmöglichkeit in al- len Ländern sichern wollte. In der Praxis konnten damit weiterhin jeder Statthal- ter oder das übergeordnete Innenministerium jederzeit auf Steueragenden Einfluss nehmen, sich aber auch jeden Akt zur Einsichtnahme vorlegen lassen und damit beträchtliche Macht ausüben.327 Die Möglichkeiten von Konfliktzonen, die unan- gemessene Verzögerungen verursachten, liegen auf der Hand. 327 Siehe Kapitel „Macht und Ohnmacht“.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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