Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 228 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 228 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich

Bild der Seite - 228 -

Bild der Seite - 228 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich

Text der Seite - 228 -

V. Das soziale Umfeld 228 der Bürokratie kein Platz war, zudem hatten die Härten des Lebens gemeistert zu werden, und diese waren beträchtlich. Angehörige der Literaturwissenschaften haben sich mit der Mentalität und dem Selbstverständnis des bosnischen Beamtentums intensiver beschäftigt als Historikerinnen und Historiker. Aufgrund des Bildes des Beamten in der süd- slawischen Literatur, das die national so inhomogene, nicht zuordenbare Zusam- mensetzung der österreichisch-ungarischen Bürokratie in Bosnien nachzeichnet, schließt Zoran Konstantinović, dass der „Typ des übernationalen österreichischen Beamten“ in Bosnien in „seiner allercharakteristischsten Weise ausgeprägt war“.447 Leijla Čampara untersuchte jüngst in ihrer Dissertation das Bild der in Bosnien dienstverpflichteten Beamten in der deutschsprachigen Literatur (die teilweise von Beamten, also „Insidern“, geschrieben wurde) in einer Reihe von Romanen. Sie schildert aufgrund dieser Literatur die dramatische Lage sowohl für die Bosnier als auch für die österreichisch-ungarischen Beamten. Die Arbeit der dor- tigen Staatsdiener sei zwar vielfältig, jedoch aufreibend und frustrierend gewesen, da ihnen die „wohlwollende Fürsorge“, ihr guter Wille, „Zivilisation“ in das Land zu bringen, von der Bevölkerung nicht honoriert wurde. Die Beamten bewiesen, so die Autorin, „ehrliches Engagement“, moderne Gesetze durchzusetzen, soziale Maßnahmen und medizinische Förderungen ins Leben zu rufen, zu denen etwa auch die Berufung weiblicher Ärzte gehörte, die sich der Versorgung der muslimi- schen Frauen, die sich von männlichen Ärzten nicht untersuchen ließen, widme- ten. Die Maßnahmen wurden zwar anerkannt, aber der muslimische, später der serbische Widerstand gegen die Fremdherrschaft war den Einwohnern Bosniens und Herzegowinas letzten Endes wichtiger448 als die Verbesserung, die dem Land und ihnen selbst zugutegekommen wäre. Die Beamten kamen mit manchen für sie fremden Unsicherheiten nur schwer zurecht: Sie verstanden die Multikonfessi- onalität Bosniens nicht, die staatsrechtliche Lage blieb bis zur Annexion 1908 un- klar und die eigenen Militärs machte ihnen mit einer Parallelherrschaft zu schaf- 447 ZORAN KONSTANTINOVI�, Ivo Andrić, … und dann kamen die österreichischen Beam- ten. In: Im Takte des Radetzkymarschs … Der Beamte und der Offizier in der deutschsprachi- gen Literatur, hg. von Joseph P. Strelka (= New �orker Beiträge zur österreichischen Literaturge- schichte 1, Bern/Wien 1994), S. 85. 448 LEJLA ČAMPARA, „Wie wir im 78er Jahr unten waren […]!“ Bosnien-Bilder in der deutsch- sprachigen Literatur (phil. Diss., Universität Wien 2010), S. 321–339. Folgende Romane wur- den untersucht: Heinz Schlick, Wolfgang Dahlen. Der Werdegang eines bosnischen Beamten, Dresden 1909; Stanko Stankić, Vila. Ein Bild aus dem Leben des bosnischen Volkes, Brünn 1913; Ernst Josef Uiberacker, Der Herr auf Zombor. Roman aus des Okkupation Bosniens, Graz 1938.
zurück zum  Buch Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich"
Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Josephinische Mandarine