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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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VI. Inszenierungen 236 gangene Reich betrachtet werden konnte, daher eine Paraderolle in Belletristik, Theater und Film einnahm. Bereits in den 1960er-Jahren wies Claudio Magris ausführlich auf dieses Phänomen hin, Wendelin Schmidt-Dengler machte da rauf aufmerksam, und neuerdings widmete die Wiener Literaturwissenschaftlerin Sa- bine Zelger dem Thema Bürokratie in der österreichischen Literatur eine umfang- reiche und gut recherchierte Studie, in der sie viele Werke des 20. Jahrhunderts, die Beamten gewidmet sind, analysiert. Der Sozialwissenschaftler Helmut Kuz- mics sowie der Politikwissenschaftler Roland Axtmann stützen sich auf literari- sche Zeugnisse über Beamte und Bürokratie, um den sogenannten „nationalen Habitus“ des „Österreichischen“ herauszufiltern, den sie von Autorität und Ser- vilität gezeichnet sehen. Ursache ist ihrer Studie zufolge der lange obrigkeitsstaat- liche Bürokratisierungsprozess, der den wenig couragierten, obrigkeitsgläubigen Habitus konstruierte, den sie im Gegensatz zum englischen „Nationalcharakter“ sehen.469 Die These könnte überzeugen, trotzdem scheint sie mir angesichts der vielen anderen Beispiele aus Geschichte und Gegenwart zu simplifizierend. Es gibt auch andere literarische Beispiele als die von den beiden Autoren angeführ- ten. Die Themen Beamte und Bürokratie bleiben als Favoriten im Übrigen nicht auf die österreichische Literatur beschränkt, sie nehmen auch in anderen Litera- turen, der englischen, französischen, italienischen, russischen und deutschen etc., einen breiten Raum ein.470 Allerdings meint Wendelin Schmidt-Dengler: „Die Affinität von Beamtentum und Literatur scheint nirgends so ausgeprägt wie in der österreichischen Literatur.“ Die Syntax des Amtes, so Schmidt-Dengler, habe sich zur selbstständigen Kunstform entwickelt.471 Amt und Literatur hingen auf eine einleuchtende und gar nicht geheimnisvolle Art zusammen. Durch die intensive Sprachausbildung der österreichischen Juris- ten durch Joseph von Sonnenfels’ berühmtes Lehrbuch „Geschäftsstyl“ war die Sprache der Beamten für die Entwicklung der österreichischen Literatur äußerst 469 MAGRIS, Der Habsburgische Mythos; WENDELIN SCHMIDT-DENGLER, Der Herr im Homespun. Zum Typus des Beamten in der österreichischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Manuskript des Vortrags gehalten am 2. Juni 1999 im Rahmen eines Symposiums über Beamte an der Universität Wien. Ich danke Frau Univ.-Doz. Dr. Eveline List, der Leiterin des Symposi- ums, für die Überlassung des Manuskripts; SABINE ZELGER, Das ist alles viel komplizierter; HELMUT KUZMICS und ROLAND AXTMANN, Autorität, Staat und Nationalcharakter. Der Zivilisationsprozess in Österreich und England 1700–1900 (Opladen 2000), englische Übersetzung: Authority, State and National Character. The Civilizing process in Austria and England, 1700–1900 (Aldershot 2006). 470 Siehe z. B. Zusammenstellung bei ZELGER, Das ist alles viel komplizierter, S. 399–402. 471 SCHMDT-DENGLER, Der Herr im Homespun, S. 107.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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