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Epochenbild 25
kirchliche
Erneuerungs-
bewegung –
Klostergrün-
dungen
sondern auch junge Adelige eine Ausbildung. Im Übrigen besitzen wir aus dem Be-
reich Brixen aus dem 11. Jh. weiterhin nur pragmatisches Schrifttum, v.a. Aufzeich-
nungen über Rechtsgeschäfte, und Bruchstücke von liturgischen Codices. Die von
Streitschriften erfüllte Auseinandersetzung zwischen Kaisertum und Papsttum in
der zweiten Hälfte des 11.
Jhs., im sogenannten Investiturstreit, sah zwar Brixen im
Jahre 1080 im Brennpunkt des Geschehens, als hier auf Geheiß Heinrichs IV. eine
lange Reihe von Bischöfen aus Italien und Deutschland Gregor VII. die Rechtmä-
ßigkeit als Papst absprach und in der Person Clemens III. ein neues Oberhaupt der
Christenheit erwählte. Der Ort Brixen erlangte damit überregionale Bekanntheit.
An Ort und Stelle hinterließen die dramatischen Ereignisse aber offenbar keinen
schriftlichen Niederschlag. Die im Investiturstreit durchwegs auf kaiserlicher Seite
stehenden Oberhirten von Brixen und Trient griffen ebenso wenig zur Feder, um
ihren Standpunkt zu verteidigen, wie ihre Domherren oder die Insassen der damals
in diesem Bereich noch spärlichen Klöster (Innichen, Benediktinerinnen in Son-
nenburg im Pustertal seit ca. 1030).
Etwa seit Beginn des 12. Jhs. zeichnete sich auch im Gebiet des nachmaligen
Tirol der Sieg der kirchlichen Erneuerungsbewegung immer deutlicher ab. Die Bi-
schöfe verdankten ihre Würde nun nicht mehr ausschließlich der Gunst der Herr-
scher, und insbesondere die Gründung neuer geistlicher Gemeinschaften kann als
Ausdruck einer neuen religiösen Gesinnung gelten. Die Initiative für die Errichtung
neuer Klöster ging von einheimischen weltlichen und geistlichen Großen aus. Eine
offenbar bereits seit einiger Zeit bestehende Klerikergemeinschaft im abgelegenen
St. Georgenberg bei Schwaz wurde 1138 in ein Benediktinerkloster umgewandelt.
Im gleichen Jahr erfolgte die päpstliche Bestätigung der neuen Niederlassung von
Prämonstratensern in Wilten. Nach einer Vorstufe im unteren Engadin übersie-
delten um 1150 Benediktiner nach Marienberg im obersten Vinschgau. Dem Zug
der Zeit folgend, errichtete um 1140 der Brixner Reformbischof Hartmann ein
Augustiner-Chorherrenstift in unmittelbarer Nähe seiner Residenzstadt, das als
Neustift bis zum heutigen Tag existiert. Hingegen ist der Konvent der Chorherren
von San Michele an der Etsch (Welschmichel) zwischen Salurn und Trient, den
Bischof Altmann von Trient und Graf Ulrich von Eppan vor 1145 ins Leben ge-
rufen haben, der Säkularisierung zum Opfer gefallen. Das Chorherrenstift Au bei
Bozen, nach 1160 eingerichtet, wurde im 15. Jh. nach Gries bei Bozen verlegt, bis
es ebenfalls zur Zeit Josephs II. aufgehoben wurde. Wesentliche Neuerungen im
Zuge der Reform betrafen Innichen, wo die Benediktiner durch Kanoniker abgelöst
wurden, und Müstair/Münster. Dort besteht seit etwa 1130 eine Gemeinschaft von
Benediktinerinnen. Auffällig wenig klösterliche Gemeinschaften entstanden vor
1200 im heutigen Trentino. Neben San Michele sind nur die Benediktiner von San
Lorenzo vor den Mauern der damaligen Stadt Trient zu nennen.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593