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Ăśberblick 33
Bartholomäus
Liber epilogorum
Inhalt
Veranlassung Heinrichs zum Zweck gegenseitiger Gebetshilfe zu GebetsbĂĽnden
zusammengeschlossen hatten.8
Das literarische Genre der Hagiographie erfuhr auch mit dem Liber epilogorum
in gesta Sanctorum („Buch der Würdigungen der Taten der Heiligen“), einer Samm-
lung von Heiligenlegenden, und dem Liber miraculorum B. Mariae Virginis („Buch
der Marienwunder“) des Dominikaners Bartholomäus von Trient eine lokale Aus-
prägung (vgl. Knapp 1994, 386–392). Die Informationen über Bartholomäus’ Le-
ben lassen sich hauptsächlich aus seinen Werken gewinnen : Um 1200 in Südtirol
(in oder um Brixen) geboren, trat er nach mehrjährigem Aufenthalt in Bologna in
das Kloster S. Lorenzo in Trient ein ; als Diplomat wirkte er in den vierziger Jahren
des 13. Jhs. am Hof Kaiser Friedrichs II., am päpstlichen Hof in Anagni, 1241 in
Rom, 1243 in Benevent ; 1248 wurde Bartholomäus von Innozenz IV. seiner dip-
lomatischen Funktion enthoben (vgl. Paoli 1997) ; sein Todesdatum ist nach 1251
(gemäß Paoli 2001, XXVI–XXVII sogar nach 1273) anzusetzen.9
Der Liber epilogorum in gesta Sanctorum10 entstand nach dem Vorbild der Abbre-
viatio in gestis et miraculis sanctorum („Kurzdarstellung der Taten und Wunder der
Heiligen“) des Dominikaners Jean de Mailly (ca. 1190–ca. 1260), einer Sammlung
von Heiligenviten in Kurzfassung, und wie dieser nimmt Bartholomäus zahlreiche
lokale, in diesem Fall Tiroler Heilige auf (Ingenuin, Albuin, Vigilius, Kassian, Ro-
medius, Adelpret ; vgl. Rogger 1977). Der Grund dafĂĽr ist im Zweck der Sammlung
zu suchen : Als Kompendium fĂĽr Prediger konzipiert, sollte sie auch hagiographi-
sche Informationen ĂĽber regionale Heilige fĂĽr die Prediger vor Ort liefern. Nach
Paoli 2001, XXVIII–XXXII, entsteht die erste der insgesamt zwei Redaktionen des
Werkes zwischen 1244 und 1246 in Trient, die zweite nach 1254.
Die Sammlung enthält 355 Kapitel, die nach dem Kirchenjahr geordnet sind ;
es handelt sich dabei größtenteils um Kurzfassungen von Heiligenlegenden unter-
schiedlichen Umfanges (z.T. ist der Inhalt auf wenige Zeilen komprimiert). Die Art
dieser Legenden lässt sich am besten an einem Beispiel darstellen ; ich greife das des
Hl. Kassian heraus : Kapitel 268, das Bartholomäus auf der Grundlage der Passio
Cassiani (BHL 1626) verfasst, schildert das Martyrium des Hl. Kassian, des Schutz-
patrons der Lehrer : Während einer Christenverfolgung wird Kassian in Imola vor
Gericht gestellt und bekennt sich zum Christentum ; da er sich weigert, Götzenbil-
8 Zum Sacramentarium Udalricianum s. Oro/Rogger 1983–1988, Bd. 1, 3–31 (zu den Personenlisten),
Bd. 2, 363–874 (Edition Bd. 2, 717–874 ; Edition der Personenlisten auch Bd. 1, 219–230), und
Kirmeier u.a. 2002, 222–223 ; zu den Verbrüderungsbüchern s. Althoff 1992.
9 Ausführlichere biographische Angaben bei Paoli 2001, XIX–XXVII und BBKL 22, 56–61 ; zur
Biographie vgl. auch Dondaine 1975 und Gobbi 1990b.
10 Eine Edition des Liber epilogorum mit einer eingehenden Untersuchung der hs. Ăśberlieferung
erstellte Paoli 2001.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593