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44 Von den Anfängen bis zu Meinhard II. und der Begründung der Tiroler Landeseinheit (um 1285)
Rezeption
Arbeo von
Freising Texte sind deutsche Nachahmungen lat. Originale (z.B. CB 146, 170 u.a.), die meis-
ten aber sind lat. Kontrafakturen deutscher Lieder – bei der Zusatzstrophe handelt es
sich hier um eine Strophe des deutschen Originals, die wohl als Muster zur Tonan-
gabe hinzugegeben wurde. Die Lieder mit deutschen Strophen konzentrieren sich in
Gruppen und heben sich auch inhaltlich von den Liebesliedern westlicher Herkunft
ab ; so lag es für Wachinger 1985, 285–292 nahe, von einer sekundären Erweiterung
auszugehen, von einem nachträglichen Einschub einer Liedersammlung deutschen
Ursprungs. Daneben enthält der Buranus lat.-französische Mischtexte (CB 94, 95),
mit CB 51 auch ein Lied mit griechischen Einlagen (zu den mehrsprachigen Texten
im Buranus vgl. Müller 1981). Wie bei der Überlieferung von Texten üblich, er-
fahren viele carmina vor oder bei ihrer Aufnahme in den Buranus unbewusste oder
willkürliche Modifikationen, wie sich an Hand der aus der Parallelüberlieferung
bekannten Lieder nachweisen lässt. Bei rund drei Fünftel der Texte handelt es sich
jedoch um Unica, sie sind nur im Buranus überliefert. Die Parallelüberlieferung der
restlichen Texte in Hs. und Drucken ist von unterschiedlicher Dichte (CB 101 etwa
ist in 67 Textzeugen überliefert).
Die Nachwirkung der Carmina Burana im Mittelalter und in der Frühen Neu-
zeit ist gering. Erst im 19. Jh. stieß die Sammlung auf breiteres wissenschaftliches
und literarisches Interesse. Carl Orff schließlich verhalf ihr 1937 zu einem vor-
her nie erreichten Bekanntheitsgrad, indem er einige der Lieder (v.a. Frühlings-,
Trink- und Liebeslieder) vertonte, allerdings ohne die überlieferten Melodien zu
berücksichtigen. Erstmals gedruckt wurde der Buranus 1847 von Johann Andreas
Schmeller. Wilhelm Meyer veröffentlichte die Nachträge 1901 als Fragmenta Bu-
rana ; auf der Basis seiner Vorarbeiten erstellten Alfons Hilka und Otto Schumann
eine kritische Ausgabe, die von Bernhard Bischoff zu Ende geführt wurde (Hilka/
Schumann/Bischoff 1941–1970).
Auch wenn Arbeo von Freising24 als der erste bayerische Schriftsteller bezeichnet
werden kann, so hat er doch auch seinen berechtigten Platz in einer Tiroler Litera-
turgeschichte. Arbeo – Nachricht über sein Leben und seine kirchliche Laufbahn
geben diverse Freisinger Urkunden (ediert von Bitterauf 1905) und seine beiden
hagiographischen Werke – stammte aus der bayerischen Adelsfamilie der Huosi (er
bezeichnet sich in seiner Vita Corbiniani [„Leben des Corbinian“ ; Kap. 15] selbst
als Bayer) ; er wurde um 723 geboren (die Gegend von Meran als Geburtsort ist
umstritten, vgl. Vogel 2000, 127–131) und starb am 4. Mai 783 in Freising (vgl.
Löwe 1973 ; Glaser 1983, 28–53 ; Vogel 2000, 125–179). Einen Hinweis auf seine
Kindheit, die er in der Gegend von Meran verbrachte, gibt ebenfalls die Vita Corbi-
24 Einen ausführlichen Forschungsbericht legt Glaser 1983 vor; zur Vita Corbiniani vgl. Vogel 2000,
43–196.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593