Seite - 47 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
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Überblick 47
zogs von ihrem Liebhaber Sigibald ungewollt schwanger wird, nimmt Emmeram
aus Mitleid die Vaterschaft für das uneheliche Kind auf sich. Auf seiner Reise
nach Rom wird Emmeram von Theodos Sohn Lantpert eingeholt, der ihn, um die
Schande seiner Schwester zu rächen, grausam verstümmelt, was zum Märtyrertod
Emmerams führt (Kap. 18) :
Inter tot cruciatos sanctus Dei martyr quasi prospicuus fons manandi studium suum non ces-
sari intermittit, ita ymnificans Deum psalmodiae non cessebatur. Factus namque est in agone
ex superna virtute robustus, ut adstantibus nec gemitus aures commovisset, sed hilari vultu,
sincera mente Deo, ut diximus, indesinenter fundens preces. Tunc nec poenis torquentium vi-
debatur sufficere, pedes utrosque cum palmis, prius evacuatis articulis, abscidentes, tanti alti
Deo throni martyris genitalia inpudenter abstrahere veriti no [sic] sunt, cuius quamvis modica
vox in Dei perseverans laudibus, nihilominus anelabat Daviticum carmen. Cum tot poenis ad-
flictus, membrorum compagine solutum prospexissent, solius linguae invidentes ministerium,
cuius ori ferrum inponentes, ex palato beati Dei martyris trucidabant ; relicto capside, evacua-
tis membris, abierunt. Remansit autem in certaminis campo cruore involutus victor triumphi
exultans.27
Unter all diesen Martern ließ der heilige Märtyrer Gottes nicht ab, singend Gott zu prei-
sen, so wie ein klarer Quell nicht aufhört rastlos zu sprudeln. Denn er wurde bei seinem
Kampf durch Kraft von oben gestärkt, so daß die Ohren der Umstehenden auch nicht ein
Seufzen traf, sondern er betete mit heiterem Antlitz und aufrichtigem Herzen unablässig
zu Gott, wie wir gesagt haben. Da schien es den Folterknechten nicht genug der Qualen
zu sein, sondern nachdem sie beide Füße und Hände, die schon vorher der Fingerspitzen
beraubt waren, abgeschnitten hatten, scheuten sie sich nicht, schamlos die Geschlechtsteile
dieses großen Märtyrers des hochthronenden Gottes wegzureißen. Dennoch hielt seine
Stimme, wiewohl leise, im Lobe Gottes aus und hauchte trotz allem das Lied Davids. Als
sie ihn mit so vielen Qualen geschlagen und das Gefüge der Glieder aufgelöst sahen, da
mißgönnten sie auch noch der Zunge ihren Dienst ; sie setzten das Eisen an seinen Mund
und entrissen sie dem Gaumen des seligen Märtyrers Gottes. So ließen sie das Behältnis
über, das der Glieder beraubt war, und gingen hinweg. Auf dem Kampfplatz aber blieb,
vom Blut überströmt, der Sieger zurück, der über seinen Triumph jauchzte. (Bischoff
1953)
Die zweite Hälfte der Schrift (Kap. 25–47) ist der Darstellung der Wunder, die
Emmeram post mortem bewirkt, gewidmet.
27 Die Vorlage für die Darstellung von Emmerams Martyrium liefert die Passio S.
Leodegarii („Leidens-
geschichte des Hl. Leodegar“).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593