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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Seite - 67 -
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Dichtung 67 Tomeo an da Romagno Hinderbach und Simon von Trient Um das Jahr 1404 sandte ein sonst unbekannter Trientner namens Tomeo seinem Lehrer Antonio da Romagno, dem in Feltre residierenden Kanzler des Bischofs von Ceneda (vgl. DIH 1, 216), der sich von der Poesie ab- und der Philosophie zugewandt hatte, eine Versepistel in 51 Hexametern, um ihn für die Dichtung zu- rückzugewinnen (Segarizzi 1922). Der stellenweise ungrammatische (verderbte ?), aber metrisch korrekte Text beschreibt einen Traum, in dem der Dichter an der Musenquelle eine Muse Romagnos Schritt beklagen hört. Ihr Lamento, das den Zentralteil des Gedichts bildet (V.  9–41), wird durch den Kehrvers Heu fons in- felix, fatum miserabile fontis („Weh, unselige Quelle, bejammernswertes Schicksal der Quelle“) in einer Weise gegliedert, die an Catull (carm. 64) und Vergil (ecl. 8) erinnert. Die offenbar zunächst anonym übersandte Epistel ist zusammen mit einer ebenfalls hexametrischen abschlägigen Antwort da Romagnos und ein paar Zeilen in Prosa überliefert, in denen dieser um Lüftung des Inkognitos bittet. Diese kurze Korrespondenz zeigt uns erstmals einen autochthonen Tiroler Dichter in Kontakt mit dem norditalienischen Frühhumanismus – ein Phänomen, das wir in ähnlicher Form erst hundert Jahre später in den Gedichten Giovanni Lagarinos wieder beob- achten können. In größerer Anzahl finden sich Zeugnisse für nlat. Dichtung in Trient erstmals unter dem Episkopat des humanistisch gebildeten Johannes Hinderbach. Die frü- hesten in seinem Umfeld bezeugten Gedichte, einige kürzere Werke z.T. panegyri- schen, z.T. religiösen Charakters eines Priester Antonio da Revó, sind verloren.1 Die Reihe der erhaltenen Texte setzt mit einem der druckgeschichtlich bedeutsamsten Ereignisse des 15. Jhs. überhaupt ein : mit dem fiktiven Martyrium des kleinen Simon, der zu Ostern 1475 von Trientner Juden ermordet worden sein soll. Der folgende, sich bis April 1476 hinziehende Prozess führte zu zahlreichen Todesurtei- len sowie zur Entstehung eines Simonkultes von überregionaler Bedeutung, der erst 1965 unterbunden wurde. Zum literarischen Ereignis wurde er durch den Kampf Hinderbachs um die päpstliche Anerkennung seines Vorgehens gegen die Juden (die erst 1478 erfolgte) und seine anschließende (erfolglose) Betreibung der Hei- ligsprechung Simons : Um sich publizistischen Rückhalt zu verschaffen, setzte Hin- derbach gezielt literarische Propaganda ein, wobei er sich in einem bis zu diesem Zeitpunkt ungekannten Ausmaß auch des Buchdrucks bediente. Um verschiedene soziale Schichten zu erreichen, kamen neben lat. auch italienische und deutsche 1 Es handelt sich um a) ein Gedicht zur Auffindung der Leichname der Hl. Sisinnius, Martyrius und Alexander, das 1472 zum Fest des Hl. Urban in Trient vorgetragen worden sein soll ; b) 22 Hexa- meter auf die Teilnahme Hinderbachs an einer Versammlung in Regensburg, wohl dem Reichstag von 1471 ; c) eine Art Kurzpredigt in 20 Hexametern mit dem Anfangsvers O Pater omnipotens, qui caelum et cuncta creasti („O du allmächtiger Vater, der Himmel und alles erschaffen“). Vgl. Tovazzi, Nr. 15 ; Benedetto Bonelli, Monumenta ecclesiae, Trient 1760–1765, Bd. 4, 148, 155.
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
TYROLIS LATINA
Untertitel
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Band
1
Autoren
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Herausgeber
Karlheinz Töchterle
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
602
Schlagwörter
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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