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Dichtung 91
Bonomos
Sammlung für
Hölzl
Inhalt,
Anordnung
ture), so reproduziert er präzise einen ovidischen Topos (z.B. trist. 1,1,13–14). Ovid
war für Locher aber nicht nur als Klagedichter, sondern auch deshalb interessant,
weil er in der Exildichtung die Klagen geschickt mit Panegyrik auf Kaiser Augustus
verbindet. Dieselbe Kombination findet sich auch in der vorliegenden Publikation,
wobei allerdings der Preis Sigmunds durch den Maximilians in den Hintergrund
gedrängt wird : Lochers Hauptinteresse galt nicht dem verstorbenen Erzherzog, der
schon sechs Jahre zuvor abgedankt hatte, sondern, wie bereits angedeutet, dem
Kaiser und dessen Entourage aus hohen Beamten und Literaten, zu der er auch sich
selbst gezählt wissen wollte. Tatsächlich wissen wir zwar nicht, was der Anlass für
seine Dichterkrönung war, doch angesichts der Tatsache, dass kein anderes frühes
Werk des Dichters sich so direkt mit dem Haus Habsburg und Maximilian beschäf-
tigt wie die Nenia, könnte diese dabei durchaus eine Rolle gespielt haben.
Eine Art gedrucktes Gegenstück zum Codex Fuchsmagen sind die Complurium
eruditorum vatum carmina ad […] Blasium Hölcelium („Gedichte mehrerer gelehr-
ter Poeten an […] Blasius Hölzl“), die Pietro Bonomo aus eigenen und fremden Er-
zeugnissen zusammenstellte und 1518 in Augsburg drucken ließ (vgl. Füssel 1987,
229–243). Der aus Sillian im Pustertal stammende Hölzl (ca. 1460–1526) machte
unter Maximilian als Rat und Sekretär Karriere. Er war wie Fuchsmagen ein Ver-
trauensmann des Kaisers und Mittler zwischen diesem und den ihn umschwärmen-
den Humanisten, blieb aber im Gegensatz zu jenem den Großteil seines Lebens in
Innsbruck. Über die Entstehungsgeschichte des Werks gibt der Initiator in einem
der einleitenden Briefe an Hölzl (Innsbruck, 1. 5. 1518 ; Aiir) Auskunft : Er sei kürz-
lich wieder einmal in Innsbruck gewesen und bei der Durchsicht einiger Kisten mit
älteren Schriften auf Gedichte gemeinsamer Freunde auf Hölzl gestoßen ; da habe
er beschlossen, diese und ähnliche Texte in Erinnerung an ihre gemeinsame Zeit als
Schreiber Maximilians, als Beleg für Hölzls Beliebtheit bei den Dichtern und zu
dessen Ruhm zu sammeln und zu publizieren. Wie genau diese Erzählung zutrifft,
lässt sich nicht eruieren, doch die Intention der Sammlung dürfte sie korrekt wie-
dergeben : Hölzl soll dadurch geehrt werden, dass gezeigt wird, wieviele berühmte
Dichter zu ihm in naher Beziehung stehen. Demgemäß werden schon auf dem
kunstvoll gestalteten Titelblatt Anzahl und Rang der Mitarbeiter hervorgehoben,
und der Vorspann enthält eine Art Inhaltsverzeichnis (Aiiiv), in dem diese sämtlich
aufgeführt werden. Unter den zwanzig Beteiligten, die alle in engerer oder weiterer
Beziehung zum Hof Maximilians stehen, finden sich neben Bonomo und Hölzl
selbst, der ebenfalls mit einigen Versen vorgestellt wird, so illustre Gestalten wie der
schwäbische Humanist und poeta laureatus Heinrich Bebel, Riccardo Bartolini, der
Dichter der Austrias, und Konrad Celtis.
Der 35 Blatt starke Druck gliedert sich in den erwähnten Vorspann und den ei-
gentlichen Gedichtteil. Jener enthält nach zwei das Buch anpreisenden horazischen
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593