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100 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians
I. (1519)
Aufbau und Inhalt
Zweck und
historische
Bedeutung
Sprache
zwei
Hochzeits reden
für Maximilian :
DalMaino – Text wohl auch selbst verfasst hat), wissen wir nicht mehr, als Titel und subscriptio
verraten : Es handelt sich um einen Ludwig von Friburgk, Doktor beider Rechte.
Der viereinhalb Seiten kurze Text – bei einem öffentlichen Konsistorium wurde
jeweils eine ganze Reihe von Obödienzreden vorgetragen, sodass die Zeit für den
Einzelnen knapp bemessen war – ist folgendermaßen gegliedert : Auf ein Proömium,
wo der Redner im Sinne einer captatio benevolentiae von der Schwierigkeit, Sixtus
angemessen zu preisen, und seiner eigenen Unzulänglichkeit spricht, folgt zunächst
ein Lob Sigmunds und des Hauses Österreich mit Vorstellung ausgewählter Vertreter
(Bl. 364rv). Danach wird Sigmunds Ergebenheit beteuert und von seinem Entschluss
erzählt, eine Gesandtschaft an den Papst zu senden (Bl. 364v), was zu einem Preis Six-
tus’ IV. überleitet (Bl. 365r). Am Ende versichert Friburgk den Heiligen Vater noch
einmal Sigmunds unbedingter Ergebenheit und seiner Freude über die Papstwahl.
Die Rede ist ein Zeugnis für die Tatsache, dass Sigmund sich nach den unerfreu-
lichen Erfahrungen mit Cusanus und Pius II. ab der Mitte der 1460er-Jahre um
ein gutes Verhältnis zum jeweiligen Papst bemühte. Allerdings ist er bzw. Friburgk
dabei sorgfältig darauf bedacht, auch seine eigene Stellung gebührend herauszu-
streichen : Dem Lob des Papstes und der Betonung der eigenen obediencia halten
die panegyrischen Passagen über das Haus Österreich und Sigmunds eigene Person
die Waage.
Mit diesem Bemühen Sigmunds, sich dem Heiligen Vater würdevoll zu präsen-
tieren, dürfte auch der Umstand zusammenhängen, dass der Text für den frühen
Abfassungszeitpunkt sprachlich sehr ‚sauber‘ wirkt : Abgesehen von wenigen lexika-
lischen Mediävalismen liest man im Wesentlichen ciceronianisches Lat. Zweifellos
wollte Sigmund vor dem Renaissancepapst Sixtus IV. nicht den Eindruck eines
Hinterwäldlerfürsten machen, sondern ihm zeigen, dass er sich kulturell auf der
Höhe der Zeit befand, und sandte deshalb seinen besten Redner nach Rom.
Während Pro Sigismundo Austrie duce im Auftrag Sigmunds in Rom gehalten
wurde, wurden die zwei erhaltenen Reden, die mit Maximilian in Verbindung
stehen,7 beide zum selben Anlass und am selben Tag von Gesandten fremder Fürs-
ten in Innsbruck vorgetragen, nämlich zur Vermählung Maximilians mit Bianca
Maria (vgl. Abb. 15), der Tochter des Mailänder Herzogs Lodovico Sforza, am
16. 3. 1494. Bei diesem politischen und diplomatischen Großereignis, das Herr-
scher und Höflinge aus aller Herren Länder anzog, fand nach Festgottesdienst und
Hochzeitsmahl ein großer Empfang für die Gesandten statt. In seinem Rahmen
hielt zunächst der berühmte Jurist Giasone DalMaino (1435–1519), der in sei-
ner Funktion als Rat und Gesandter Lodovicos die Braut nach Innsbruck begleitet
hatte, eine vielbewunderte Hochzeitsrede, deren Erfolg sich daran ermessen lässt,
7 Vgl. zu ihnen kurz Füssel 1987, 19–21.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593