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110 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians
I. (1519)
verlorene Werke
Goswins
Urbar
Überarbeitung
weitere Werke Noch als scholaris verfertigte Goswin 1348 ein Graduale, ein Antiphonar und
andere Musikhandschriften, um einen gemeinsamen Chorgesang im Konvent zu
ermöglichen, als unmittelbar nach dem Wüten der Pest neue Mitglieder aus ver-
schiedenen Gegenden in Marienberg Aufnahme gefunden hatten. Diese Codices
sind nicht erhalten.
Im Jahre 1353 stellte Goswin sodann eine Übersicht über die zu dieser Zeit ak-
tuellen Einnahmen und Besitzungen seines Klosters zusammen, die in der Literatur
meist als „Urbar“ bezeichnet wird.6 Die auf Papier geschriebene lat. Aufzeichnung
besteht im Wesentlichen aus einem Kalendarium und einem geographisch geglie-
derten Verzeichnis der Marienberger Rechte im Vinschgau und im Burggrafenamt,
im Engadin und im heutigen Tiroler Inntal sowie in den entsprechenden Seitentä-
lern. Im Kalender finden sich aber nicht die üblichen kirchlichen Gedenktage und
Sterbetage von Wohltätern festgehalten, sondern die genauen Termine für Wasser-
bezugsrechte, für die Ablieferung der an das Kloster zu entrichtenden verschiede-
nen Abgaben und weitere ähnliche Verpflichtungen zugunsten der Mönchsgemein-
schaft. Goswin schuf also einen sehr brauchbaren Arbeitsbehelf für die effiziente
Verwaltung der klösterlichen Güter, der offensichtlich auch längere Zeit in Verwen-
dung stand, wie entsprechende Gebrauchsspuren und Nachträge im heute noch
erhaltenen Original zeigen.
Es entsprach wohl dem ausgeprägten Ordnungssinn Goswins, dass er sich gegen
Ende seines Lebens, im Jahre 1390, entschloss, noch einmal eine derartige Zusam-
menstellung zu verfassen. Die neue Ausfertigung orientiert sich in ihrer Gliederung
an der älteren Vorlage von 1353, trägt aber den in den vergangenen vier Dezennien
veränderten Verhältnissen Rechnung. Goswin schöpfte nach eigener Aussage ex aliis
antiquis registris, libris quaternis, litteris et rodulis huius claustri et monasterii, also aus
alten Registern, Büchern, Urkunden und Notariatsinstrumenten. Vor allem betont
der Autor hier wie auch sonst in seinen Werken die absolute Glaubwürdigkeit sei-
ner Aufzeichnungen. Der auf Pergament geschriebene, großformatige Codex stand
ebenfalls längere Zeit in Verwendung, wie einschlägige Nachträge beweisen.
Ferner stammen aus der Feder Goswins acht umfangreiche, kalligraphisch aus-
gefertigte Schriftstücke, die im Jänner 1374 auf Schloss Tirol vom zuständigen Di-
özesanbischof Friedrich II. von Chur, vom Marienberger Abt Nikolaus sowie vom
Marienberger Konvent offiziell beglaubigt und besiegelt wurden. Der Inhalt dieser
sogenannten „Reskripte“ besteht einerseits aus der Schilderung der Vorgeschichte
und Gründung des Klosters, andererseits aus einer großen Zahl von Texten von
Urkunden, die von verschiedenen Ausstellern, von Päpsten und Kaisern angefan-
6 Originale der Rechtsaufzeichnungen aus den Jahren 1353 und 1390 in MB, L. I und L. II. Edition :
Schwitzer 1891.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593