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Geschichtsschreibung 115
Registrum
Quellen
Johannes
Librarius
Im Jahre 1426 stellte Andreas Brunner in lat. Sprache eine kurze Geschichte des
von ihm geleiteten Spitals zusammen.9 Er nennt sein Werk selbst ein registrum, in
dem zunächst eingehend die Stiftung und Ausstattung des Spitals in der Eisackau
außerhalb von Klausen durch Bischof Konrad von Brixen im ausgehenden 12. Jh.
beschrieben wird. Weiters folgen die Schilderung der Weihe der dazugehörigen Kir-
che sowie die Aufzählung der in den Altären geborgenen Reliquien. Einiges erfährt
man auch über die besitz- und kirchenrechtliche Situation des Spitals, das stets
durch Überschwemmungen durch den Eisack gefährdet war, wogegen die jeweili-
gen Verwalter immer wieder Baumaßnahmen ergriffen. An Geschehnissen aus dem
14. und beginnenden 15. Jh. werden die Namen der Verwalter und – bisweilen
auch etwas anekdotenhaft – ihr jeweiliges Engagement für die von ihnen geleitete
Institution überliefert. Den Schluss bilden einige Angaben über das Leben des Au-
tors. In einer Art Nachtrag folgen sodann noch Ausführungen über das Schisma an
der Spitze der Kirche 1409 bis zum Konzil von Pisa mit erstaunlich detaillierten
geographischen Angaben und sehr persönlichen Charakteristiken der einzelnen,
um ihre allgemeine Anerkennung konkurrierenden Päpste. Dabei deklariert sich
Brunner als überzeugter Anhänger des Pisaner Papstes Alexander V., dessen Bildung
besonders betont wird.
Als Quellen dienten Brunner nach eigener Aussage alte Aufzeichnungen und
Urkunden, die offenbar im Spital selbst vorhanden waren. Außerdem beruft sich
der Verfasser des Öfteren auf die eigene Erinnerung. Die Aufzeichnungen begin-
nen mit einer aus der Praxis der Urkundenausfertigung stammenden Anrufung
der Dreifaltigkeit (Invocatio) und einer Datierung (Januar 1426), und auch sonst
spiegelt sich in der eher schlicht gehaltenen Diktion des Werkes sehr deutlich die
Tätigkeit Brunners als Notar wider. Für ein lokales Interesse an den historischen
Ausführungen sprechen Kopien, die im 18. und 19. Jh. in Brixen entstanden
sind.
Als nächstes ist das Memoriale benefactorum („Stiftungsbuch“) des Johannes Li-
brarius aus dem Jahr 1463 zu betrachten. Über das Mitglied der Gemeinschaft
der Augustiner-Chorherren in Neustift bei Brixen sind keine weiteren sicheren
persönlichen Daten bekannt. Den wohl in der Bibliothek Beschäftigten zeichnete
jedenfalls ein starkes historisches Interesse aus. Von seiner Hand stammt auch der
zusammen mit dem Memoriale überlieferte Katalog der Bischöfe von Brixen, der
auf sehr alten Grundlagen im Bereich der liturgischen Aufzeichnungen beruht und
9 Eine Abschrift von Josef Resch (ca. 1750) liegt im Diözesanarchiv Brixen (Domkapitelarchiv, Series
hospitalariorum Clusensium). Eine Edition des lat. Originals fehlt, eine unvollständige deutsche
Übersetzung veröffentlichte Pernthaler 1930.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593