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116 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians
I. (1519)
Memoriale
benefactorum
Quellen
Stil knapp nach 1200 eine erste Redaktion erfahren haben dürfte.10 Ein etwaiger Anteil
des Johannes an der weiteren Ausgestaltung dieser wichtigen Quelle, die sich für die
ersten Jahrhunderte nur auf die Nennungen der Oberhirten beschränkt und auch
dann nur sehr wenige Hinweise auf das Wirken einzelner Bischöfe bietet, lässt sich
nicht präzisieren.
Das Memoriale enthält eine kurze Gründungsgeschichte von Neustift. Dabei ha-
ben sich seit dem Jahre 1142 insbesondere Bischof Hartmann von Brixen sowie der
Ministeriale Reinprecht von Säben mit seiner Gattin Christina als entscheidende
Wohltäter hervorgetan. Der Wortlaut der Aufzeichnungen über die von ihnen getä-
tigten Schenkungen bildet das mit nur sehr wenigen eigenen Worten angereicherte
Grundgerüst der Darstellung des Johannes. Kurz werden auch weitere Taten Bi-
schof Hartmanns (z.B. Weihe von Kirchen) außerhalb von Neustift geschildert. Es
folgen in lockerer zeitlicher Abfolge aneinandergereiht weitere Schenkungen von
geistlichen und weltlichen Wohltätern an die Klerikergemeinschaft, und in diesem
Zusammenhang ist zumeist auch der Todestag der Tradenten festgehalten. Im nächs-
ten Abschnitt finden sich die entsprechenden Gedenktage noch einmal zeitlich von
Januar bis Dezember in Form eines Anniversars verzeichnet. Schließlich wird noch
eine Auflistung der Form des Totengedenkens für ganz besondere Wohltäter von
Neustift geboten, bezogen auf die einzelnen Altäre der Stiftskirche. Insgesamt ent-
hält das Werk eine große Menge an Informationen über die Geschichte von Neustift.
Angaben, die über diesen lokalen Rahmen hinausführen, sind kaum vorhanden.
Die von Johannes für das Memoriale benutzten Vorlagen existieren als Urkunden
und Traditionsaufzeichnungen zum allergrößten Teil heute noch als Originale im
Archiv des Stiftes, was den primären Quellenwert dieses Werkes erheblich mindert
(vgl. Kugler 1965 ; Peintner 1992, v.a. 122–123). Als Zeugnis für das geschichtli-
che Bewusstsein, aber auch für die durchaus auch nach Jahrhunderten noch ernst
genommene Verpflichtung des liturgischen Gedenkens als Entgelt für einst empfan-
gene Wohltaten besitzen die Aufzeichnungen aber einige Aussagekraft. Innerhalb
der Neustifter Klostertradition fanden die Ausführungen von Johannes als eine über-
sichtliche Darstellung der Geschichte des eigenen Hauses immer wieder Beachtung.
Der Stil des Johannes ist durch die Tatsache geprägt, dass er „sich allerdings nicht
als schöpferischer und kritischer Geschichtsdarsteller betätigt, sondern fast durch-
wegs die bereits vorhandenen einschlägigen Quellen benützt und exzerpiert“ (Frei
1960, XV). Die „fleischlose Beschaffenheit“ (ebenda) der Ausführungen bringt es
mit sich, dass persönliche Ausdrucksformen des Autors in Sprache und Stil kaum
zur Geltung kommen. Die gelegentliche Verwendung von Zitaten aus der Heiligen
10 Originale : Neustift, Cod. 40 (verschollen), 1–51 (Memoriale), 183–231 (Bischofskatalog), Cod.
21a
(Abschrift von ca. 1870). Editionen : MIÖG 58 (1950), 373–385, Frei 1960.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593