Seite - 146 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Bild der Seite - 146 -
Text der Seite - 146 -
146 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians
I. (1519)
Erfolg
Lapicida, Sacerdos
et pontifex
Biographie
Inhalt Noch im selben Jahr ließ Tritonius eine leicht veränderte, schlankere Fassung sei-
ner Melopoiae mit dem Titel Harmoniae Petri Tritoni super odis Horatii Flacci („Ver-
tonungen der horazischen Oden durch Petrus Tritonius“, Augsburg 1507) drucken,
was ein klarer Beleg dafür ist, wie gut das Werk angenommen wurde.
Aus dem Jahr 1515 stammt die Motette Sacerdos et pontifex („Pfarrer und Bi-
schof“) des Komponisten Erasmus Lapicida, welche der Komponist anlässlich der
Bischofsweihe von Bernhard von Cles am 7. und 8. September desselben Jahres
geschrieben hat (Gozzi 1986).
Die Biographie Lapicidas (* 1445) weist zahlreiche Lücken und Unklarheiten
auf. So ist seine Herkunft umstritten, auch deshalb, weil er immer nur mit sei-
nem latinisierten Humanistennamen angeführt ist ; letzthin hat sich Forscher-Weiss
2001 allerdings für Trient als seinen Geburtsort ausgesprochen. Als sicher gilt seine
Tätigkeit in der Heidelberger Hofkapelle Ludwigs V. im Jahre 1510. 1521 wurde
er Benefiziat im Wiener Schottenkloster. Wahrscheinlich – dies lässt ein der Mo-
tette beigelegtes Epigramm von fünf Distichen erahnen – hatte Lapicida Sacerdos
et pontifex komponiert, um dadurch eine Anstellung beim Bischof zu erlangen, der
sich als bedeutender Kunstmäzen und -liebhaber einen Namen gemacht hatte. Al-
lerdings scheint der Versuch nicht von Erfolg gekrönt gewesen zu sein : Ein späteres
Wirken Lapicidas in Trient ist nämlich nicht feststellbar.
Die Motette ist in vier Stimmen (Cantus, Altus, Tenor und Bassus) und drei
Teile aufgeteilt. In den ersten beiden singen jeweils drei Stimmen den liturgischen
Text der Antiphon (ad recipiendum processionaliter episcopum ; „um den Bischof bei
der Prozession zu empfangen“), während eine Stimme (zuerst der Cantus, dann
der Altus) in lang gezogener Phrasierung den Satz Bernardus Clesius Episcopus Tri-
dentinus dignus est („Bernhard von Cles ist ein würdiger Bischof von Trient“) vor-
bringt. An diese beiden schließt sich zuletzt eine Fuge an, in der alle vier Stimmen
die Lobpreisung wiederholen. Besonders interessant ist, dass der Komponist beim
Hauptthema auf einen cantus firmus zurückgreift, dessen Melodie sich aus den Vo-
kalen, welche die Silben des oben zitierten Satzes beinhalten, ergibt : Lapicida greift
hierzu auf die Technik des sogetto cavato dalle vocali zurück. Tauscht man nämlich
die jeweilige Silbe mit jenem Ton der Solmisation aus, welcher den entsprechenden
Vokal in seiner Bezeichnung enthält, erhält man folgendes Thema : Re-fa-ut-re-
mi-ut-re-mi-sol-ut-mi-re-mi-ut-mi-ut-re, wodurch sich gleichsam aus dem Text die
vorzutragende Melodie ergibt (Lunelli 1949, 47–48).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593