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Kirchliches Schrifttum 151
Bernhard Welsch
Leben und
Wirken in Stams
Entwicklung des
Stiftes
lich sich ausbreitenden Humanismus. Auffällig sind ein erbaulicher Ton, der u.a.
durch viele Zitate aus der Bibel und Erbauungstexten zustande kommt, und ein
predigthafter Charakter (Frank 1976, 41–50).
Auf ungleich höherem Niveau arbeitete Bernhard Welsch aus Nördlingen an der
Donau : Dieser Theologe gehört zu den profiliertesten Persönlichkeiten der Wis-
senschaft, die im Tirol des Spätmittelalters wirkten. In Kaisheim bei Donauwörth
in den Zisterzienserorden eingetreten, kam er früh nach Stams, einer Tochtergrün-
dung dieses Stiftes. 1437 erhielt er die niederen Weihen. 1443 immatrikulierte
er sich in Heidelberg, wo er fortan fast zwei Jahrzehnte blieb : Er absolvierte ein
vollständiges Studium der Theologie und wirkte mit Erfolg als Administrator des
St. Jakobs-Kollegs seines Ordens. Das Verzeichnis seiner Schriften geht weit über
die Pflichtübungen eines Theologen hinaus : Neben dem obligaten Kommentar zu
den Sentenzen des Petrus Lombardus umfasst es auch eine Expositio canonis mis-
sae („Aufriss des Messkanons“), einen Tractatus de beatitudine („Traktat über die
Glückseligkeit“) und verschiedene weitere Abhandlungen, außerdem eine Reihe
von Kommentaren zu Büchern des AT, den Paulusbriefen und der Offenbarung
des Johannes. Den Schwerpunkt seiner Arbeit legte er auf die Bibelexegese, darüber
hinaus beschäftigte er sich aber auch mit systematischer Theologie.
Auch in seiner Heidelberger Zeit ließ Welsch den Kontakt mit Stams nie abrei-
ßen ; unter anderem verbrachte er dort jeweils die Sommerferien. Aus seinen Auf-
zeichnungen geht hervor, dass er hier auch die meisten seiner theologischen Werke
verfasste. 1461 wurde er Prior in Stams, später in Kaisheim. 1484 kehrte er als Abt
nach Stams zurück und brachte dabei die für seinen eigenen Studiengang und für
seine Lehrtätigkeit angefertigten Heidelberger Vorlesungsunterlagen mit (Stams, 52
und 53 ; ULBT, Cod. 69) ; andere Fassungen als die Autographen sind allerdings
nicht bekannt, was auf schwache Resonanz außerhalb des eigenen Schüler- bzw.
Klosterkreises schließen lässt. Im Jahr 1501 resignierte er aus Altersgründen (Walsh
1990, 25 ; 1997, 83–86).
In seiner Amtsperiode entwickelte das Stift sowohl nach innen als auch nach
außen ein markantes Profil. Welschs besonderes Interesse galt dem Anliegen, sämt-
liche Stamser Professmönche, die für Studien an einer Hohen Schule in Frage ka-
men, nach Heidelberg zu schicken. Damit hängt der seelsorglich wichtige Gedanke
zusammen, die Stiftspfarren mit Konventualen zu besetzen, worin sich ein vertieftes
Verständnis des Inkorporationsrechtes spiegelt ; für Mais bei Meran konnten die
Früchte von Welschs Bemühungen um eine ordensadäquate Seelsorge in Teilberei-
chen nachgewiesen werden. Nach außen hin schlug sich sein Wirken in guten Be-
ziehungen zu den habsburgischen Landesfürsten und zu den Bischöfen von Brixen
und Trient nieder ; Stams wurde unter seiner Leitung zu einem Treffpunkt einfluss-
reicher Persönlichkeiten (Walsh 1990, 26–33).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593