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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Seite - 178 -
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178 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians  I. (1519) Stil nachzuzeichnen, würde hier viel zu weit führen. Es soll nur umrissen werden, was mit den einzelnen Hauptsätzen gemeint ist. Im ersten stellt sich Cusanus in die lange Tradition der europäischen Einheits- und Geistesphilosophie. Wie Parmenides nimmt er das unendliche Eine als letztes Prinzip aller Vielheiten an. Wie bei Anaxagoras ist dieses letzte Prinzip Geist. Neuplatonisch ist der Gedanke der Ausfaltung (explicatio) des Einen zu der Vielheit des Seins. Christliche Of- fenbarungslehre scheint bei der Annahme einer Mitteilungslust des Einen durch. Seine Finalität ist es, sich in der ausgefalteten Schöpfung zu zeigen und von seinen Geschöpfen, insbesondere dem Menschen erkannt zu werden. Der zweite Haupt- satz stellt ein weiteres Erbe des Platonismus dar : Die Wahrheit eines Dings ist nach Cusanus sein ideelles, begriffliches Wesen. Dieses Wesen teilt den konkreten Dingen die Ähnlichkeit seiner selbst mit. Man darf an die platonische Ideenlehre mit ihrem Verhältnis von Urbild und Abbild denken (aber nicht an ihre Hypo- stasierung der Ideen außerhalb des Geistes). Seiendes kann nach dem zweiten Hauptsatz also wahr (im Begriff) oder wahrähnlich (in der Sinnlichkeit) sein. Der dritte Hauptsatz beruft sich ausdrücklich auf den in der Philosophiegeschichte seit Platon vielgeschmähten homo-mensura-Satz des Protagoras. Bei Cusanus hat die Ausdeutung dieses Satzes eine gewisse Ähnlichkeit zur Transzendentalphiloso- phie Kants. Der Mensch kann nur durch sein menschliches, sinnlich-geistiges Er- kenntnisinstrumentarium hindurch erkennen. Insofern werden alle Gegenstände der Erkenntnis nach dem Maß des Menschen gemessen. Menschliche Erkenntnis ist nicht absolut. Allerdings sichern die auf Selbstoffenbarung und Erkanntwer- den ausgelegte Finalität der Welt sowie die Ähnlichkeit des menschlichen Geistes mit dem göttlichen Geist objektive, wenngleich nur approximative Erkenntnis. Ähnlich betont der vierte Hauptsatz die aktive Seite des menschlichen Erkennens. Der Mensch verhält sich nicht bloß rezeptiv, sondern trägt als zweiter Gott zur Konstituierung seiner kognitiven Welt bei. Cusanus zeigt sich also, um wieder ei- nen modernen Vergleich zu bemühen, als Konstruktivist. Er möchte sich über die Voraussetzungen, die Konstruiertheit der menschlichen Erkenntnis klar werden. Die durch Gott verbürgte objektive Wahrheit unterscheidet diesen Ansatz aber von einem Relativismus moderner Prägung. In De beryllo bedient sich Cusanus einer weitgehend antikisierenden Diktion. Antike Philosophen von Anaxagoras bis zu Proklos bieten das Hauptmaterial der Auseinandersetzung, wovon auch die Terminologie des Cusanus geprägt wird. Im Vergleich zu seinen großen philosophischen Erstlingswerken De docta ignorantia und De coniecturis ist der Stil des Werks anschaulicher. Die direkte Anrede an den Leser verringert die Distanz. Nachdem sich philosophische und mathematische Schriftstellerei bei Cusanus in den 40er-Jahren getrennt haben, wagt er hier wieder eine Verbindung der beiden Fächer im selben Werk. Allerdings geschieht das in viel
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
TYROLIS LATINA
Untertitel
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Band
1
Autoren
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Herausgeber
Karlheinz Töchterle
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
602
Schlagwörter
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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