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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Seite - 181 -
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Philosophie 181 Stil ein Tiroler Rezeptionsbeispiel der Gottähnlichkeit des Menschen. Durch sie ist der Zugang zum Göttlichen er- öffnet (z.B. serm. 154). All dies führt zum Schluss, dass die Aufgabe des Menschen im Glauben und der Erkenntnis Gottes besteht. Der Glaube als aktiver Willensent- schluss ist dabei viel stärker betont als in den philosophischen Schriften, wo er praktisch keine Rolle spielt. Die sermones des Bischofs stehen zwischen dem erzählfreudigen und erbaulichen ‚Normaltyp‘ der mittelalterlichen Predigt und seinen oft spekulativ-abstrakten phi- losophischen Werken. Im Unterschied zu jenem konzentrierte sich Cusanus auf die Auslegung der Bibel und bemühte sich um eine philosophische Anreicherung sei- ner Gedanken. Im Vergleich zu diesen strebte er nach größerer Direktheit, Verein- fachung und Anschaulichkeit. Der kolloquiale Stil der Predigten ist auch in den lat. Konzepten überall zu greifen : direkte Anreden, einschließendes „wir“, rhetorische Fragen, Parataxe usw. Auf die voraussetzungsreiche Begrifflichkeit der philosophi- schen Werke wird verzichtet. Der erste Druck der Predigten erfolgte 1514 in der weit verbreiteten Cusanus- Edition des Pariser Humanisten Jacobus Faber Stapulensis. In Tirol ging das In- teresse an den Predigten allerdings noch weiter, wie das folgende Beispiel zeigen kann. Um 1530 zirkulierte hier offensichtlich ein heute verlorenes Autograph des Cusanus, das in einem kleinen humanistischen Kreis großes Interesse auf sich zog (vgl. Zani 1985 und Hallauer 2002, 401–441). Damals residierte auf dem Brixner Bischofsstuhl Georg von Österreich, ein unehelicher Sohn Kaiser Maximilians  I. Bei einem Aufenthalt in Innsbruck erfuhr er von autographen Manuskripten des Cusanus im Besitz des humanistisch gebildeten Tiroler Kanzlers Hieronymus Bal- dung. Auf die Bitte Georgs übersandte Baldung dem Fürstbischof die wertvollen Hs., unter denen sich vielleicht auch weitere Werke des Cusanus befanden. Jeden- falls ist im Begleitbrief des Kanzlers (abgedruckt bei Zani 1985, 112–113) auch von „ettlich wenig tractatus und dialogos“ die Rede. Die Begeisterung Georgs für die Autographen war so groß, dass er sie drucken lassen wollte. Dafür suchte er einen gelehrten Redaktor und fand ihn in Stephanus Rosinus (ca. 1470–1548), Domherr von Passau und Trient. Rosinus kollationierte die Predigten mit seinem Exemplar der Stapulensis-Edition, das sich heute in der Bibliothek des Franziskanerklosters in Trient (OFM TR, P 270) befindet – seine in zahlreichen Randnotizen festgehal- tenen Ergebnisse sind in diesem Druck einzusehen. Inzwischen hatte Fürstbischof Georg aus unbekannten Gründen das Projekt einer Herausgabe der Predigten al- lerdings wieder fallen gelassen. Trotzdem erlosch sein Interesse an den Hs. nicht. Selbst auf seinen ausgedehnten Geschäftsreisen, die ihn u.a. in die Niederlande führten, erkundigte er sich mehrmals danach. Schließlich beauftragte er seinen Se- kretär, die Manuskripte mit nach Brüssel zu nehmen, wo sich ihre Spur verliert. Sei es zur Hebung des eigenen Prestiges oder aus theologisch-literarischem Interesse :
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
TYROLIS LATINA
Untertitel
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Band
1
Autoren
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Herausgeber
Karlheinz Töchterle
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
602
Schlagwörter
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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