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Medizin und Naturwissenschaft 191
Autoritäten
der Schwarze Tod
Pestregimina
Am Anfang des Jahres 1340 stand, wie Augustinus feststellt, der Planet Mars im sechsten
Haus und verursachte somit die Seuche.
Als Nächstes bestimmt Augustinus aus der Konstellation die Art der grassierenden
Krankheiten. Bestimmt würden diese außer von Mars auch noch von Saturn, dessen Ein-
fluss in diesem Jahr aus anderen Gründen besonders stark gewesen sei. Nachdem er detail-
liert dargelegt hat, welche Krankheiten wen und an welchen Körperteilen befallen würden
und wie ihnen generell zu begegnen sei, beschreibt er verschiedene astrologische und me-
dizinische Prognosemethoden. Die medizinische Prognose hält er jedoch für unzuverlässig,
da sie nicht einmal unzweifelhaft feststellen könne, ob jemand wirklich tot sei, was sich
anhand vieler Fälle belegen lasse, bei denen man vermeintlich Tote begraben habe, die
später, nach der Öffnung ihrer Gräber, in ganz anderen Positionen gefunden worden seien.
Da auch Städte und Regionen aus astrologischer Sicht den Sternen unterworfen sind,
bestimmt Augustinus aufgrund des Horoskops der Stadt Trient, worauf dort besonders zu
achten sei. Den Versuch, Ähnliches auch für Brixen zu bestimmen, könne er nicht durch-
führen, da nicht bekannt sei, wann genau Brixen gegründet wurde.
Der zweite Hauptteil der Schrift widmet sich v.a. diätetischen Präventivmaßnahmen,
welche unter den gegebenen astrologischen Umständen die Gesunden vor den besagten
Krankheiten bewahren sollen, sowie den Aufgaben des Arztes bei der Behandlung von
Gesunden und Kranken, z.B. dem Aderlass. Am Ende der Schrift wendet der Autor sich
wieder der Astrologie zu und erklärt die Rolle Saturns und der anderen Planeten in der
Konstellation des Jahres. Das Werk schließt mit der Erklärung einiger beiliegender astro-
logischer Diagramme.
Augustinus belegt seine Gelehrsamkeit u.a. durch ein breites Spektrum an Auto-
ritäten, die er zur Untermauerung seiner Ansichten heranzieht. Diese reichen von
antiken über arabische bis zu zeitgenössischen Schriften. Mehrmals überlässt er das
Urteil in Detailfragen zwei in der Astrologie bewanderten Ärzten, den Magistern
Odoricus und Iordanus, an die sich sein Adressat, der Bischof von Trient, bei Bedarf
offensichtlich wenden konnte (ein Magister Iordanus ist 1339 in Trient als Arzt
belegt, vgl. Tovazzi 1889, 10).
Um die Mitte des 14. Jhs. erschütterte eine große Pestepidemie die Alte Welt.
Bis in das 18. Jh. hinein suchte die Pest Europa immer wieder heim und hinterließ
deutliche Spuren im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und religiösen Leben. In
der medizinischen Literatur kam es in der Folge zu einer Flut von Pesttraktaten,
-regimina und -konsilien. Zwei davon, die sicher aus Tirol stammen, verdienen im
vorliegenden Zusammenhang Beachtung.
Im Juli 1399 sandte der Trientner Arzt Odoricus de Arco, Doktor der Freien
Künste und der Medizin, ein kurzes Regimen an den Hofmeister und Landeshaupt-
mann von Tirol, Heinrich von Rottenburg (ca. 1365–1410). Ende 1421 verfasste in
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593