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Medizin und Naturwissenschaft 193
Zitate
Alchemie
Zeitalter
Sigmunds und
Maximilians
durch die Flucht in gesündere Gegenden dem Pesthauch zu entziehen), rechnet
Udalricus durchaus mit einem breiteren Leserkreis (Bl. 182v) :
Et quamvis vobis non expediat iniungere a coytu cavere, tamen, quia aliis etiam potest hoc regi-
men suffragari, ideo ponatur quod a coytu permaxime est cavendum, quia est causa agitationis
magne in humoribus et permiscere facit malos humores cum bonis.
Und obwohl die Anweisung, euch vor dem Beischlaf zu hüten, für euch überflüssig ist, soll
dennoch, da dieses Regimen auch anderen helfen kann, festgestellt werden, dass man sich
vor dem Beischlaf außerordentlich hüten muss, da er die Ursache großen Aufruhrs unter
den Körpersäften ist und bewirkt, dass sich die schlechten Säfte mit den guten vermischen.
Als gelehrter Arzt streut er in seinen Text Zitate aus Schriften verschiedener Au-
toritäten (Galen, Aristoteles, Rhazes, Avicenna und Iohannitius) ein. Inhaltlich
spiegeln seine Ratschläge das Allgemeingut der akademischen Medizin seiner Zeit
wider (insbesondere scheint ihn eine deutsche Fassung des Prager Sendbriefs, eines
der verbreitetesten Pesttraktate, beeinflusst zu haben ; vgl. dazu Werthman-Haas/
Keil 1991).
Auch die Alchemie wurde in Tirol eifrig betrieben, wie z.B. eine hauptsächlich
zwischen 1457 und 1470 in Trient von einem gewissen Enricus geschriebene al-
chemistische Sammelhandschrift bezeugt (ÖNB, Cod. 5230), die neben Schriften
des Ramon Llull auch viele eigene Rezepturen von Enricus sowie alchemistische
Rezepte seines Lehrers Isaak Kochperger und anderer Tiroler Praktiker enthält, wie
z.B. des Trientner Bischofs Alexander von Masowien (1423–1444).
Seit der Mitte des 15. Jhs. steigt die Zahl der schriftlichen Zeugnisse über Ärzte,
Astrologen und Alchemisten in Tirol rasch. Die Höfe in Innsbruck und Trient zie-
hen Gebildete an. So sind mehrere unter den Leibärzten Sigmunds, Maximilians
und Hinderbachs auch als Autoren bekannt, z.B. Ulricus Ellenbog, Burkhardus de
Horneck, Johannes Matthias Tiberinus (vgl. hier S.
68), Adolphus Occo, Paulus Ri-
cius (vgl. hier S. 182), Hieronymus Baldung, Conradus Trust, Hieronymus Stelli-
maurus (vgl. hier S.
308) oder Georg Tannstetter. Aus der Zeit ihrer Tätigkeit in Ti-
rol sind jedoch in der Regel keine medizinischen oder naturkundlichen Werke auf
Lat. erhalten. Ausnahmen bilden einige meist in Sammelhandschriften verstreute
Rezepte oder Briefe, so z.B. der in eindringlichem Ton gehaltene Bericht über den
schlechten Gesundheitszustand der todkranken Bianca Maria Sforza, den Baptista
Baldironus Ende 1510 an ihren Gatten Maximilian schickte (TLA, Kunstsachen
III, 37, abgedruckt bei Schadelbauer 1948, 424–425). Auf dem Gebiet der Über-
setzungsliteratur tat sich der Trientner Domherr Hieronymus Ricius, der Sohn des
berühmten Philosophen Paulus Ricius hervor, der Marsilio Ficinos medizinischen
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593