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Medizin und Naturwissenschaft 195
Traktat über das
Guaiakholz
Erfolg der Kur
Briefe
Ein Mitglied der erwähnten Kommission war neben Paulus Ricius vermutlich
auch Nicolaus Pol. Jedenfalls widmete er Kardinal Lang Ende 1517 sein Werk
Tractatus de modo curandi corpora Alemanorum a morbo Gallico infecta cum ligno
indico Guaicanun appellato („Abhandlung über die Methode, die Körper der
Deutschen, die von der französischen Krankheit befallen sind, mit dem Guaica-
nun genannten indischen Holz zu heilen“, Ausgabe und englische Übersetzung
bei Fisch 1947, 49–83). Es ist die älteste lat. Abhandlung über das Guaiakholz.
Das Werk wurde zuerst hs. verbreitet und erst drei Jahre nach Pols Tod 1535 in
Venedig gedruckt.
Nachdem Pol den Aufwand hervorgehoben hat, den der Kardinal betrieben hat, um
in Spanien verschiedene Rezepte für die Guaiakholzkur zu sammeln, berichtet er, dass
schon 3000 Spanier mit dieser Methode geheilt worden seien. Anschließend erklärt er
die Grundlagen, auf denen die Methode basiert : Die schlechten Säfte müssen aus dem
Körper entfernt werden, die konkreten Schritte aber sollen von der Konstitution und dem
Zustand des Patienten abhängig gemacht werden. Da sich die Deutschen anders als die
Indianer oder Spanier ernährten, eine robustere Konstitution hätten und in einem kälteren
Klima lebten, fasst Pol die in diversen spanischen Rezepten überlieferten Heilmethoden in
eine zusammen und passt sie den Bedürfnissen der Deutschen an. Die Kur besteht darin,
dass der Patient genaue Ernährungsvorschriften beachtet, die Guaiakholzbrühe in vorge-
schriebenen Dosen trinkt, sich einem raffinierten Wechsel von Hitze und Wärme aussetzt
und dadurch schwitzt. Die Dauer der Behandlung lässt Pol offen : Während die kranken
Indianer schon innerhalb von zehn Tagen und die Spanier in einer Zeit von bis zu sechzig
Tagen geheilt werden könnten, dürfte es bei Deutschen, je nach der Stärke der Krankheit,
auch länger dauern.
Der Text zeigt, abgesehen von einer gewissen Verspieltheit im Umgang mit den
geographischen Bezeichungen im Titel, keinerlei Bemühung um eine stilistische
Durchformung.
Die Guaiakholzkur, die von Pol empfohlen und bald überall angewandt wurde,
war zumindest kurzfristig wirksam, viele Patienten jedoch, die sich für geheilt ge-
halten hatten, unter ihnen z.B. Ulrich von Hutten, starben während einer späteren
Phase der Krankheit. Die Erfolge, welche die Patienten der Behandlung zuschrie-
ben, hatten indessen kaum etwas mit der Verwendung von Guaiakholz zu tun,
sondern verdankten sich v.a. der während der Behandlung angewandten Hitze.
Pol war nicht nur in der Medizin und Alchemie, sondern auch in der Astrologie
und Astronomie sehr bewandert, wie man u.a. den Resten seiner Korrespondenz
entnehmen kann. Erhalten sind nur einige Briefe, die er in den Jahren 1513–1520
mit dem Benediktiner Vitus Bild Acropolitanus (1481–1529), einem Humanisten
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593