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Epochenbild 217
Reformation
und der Kirche bringen sollte. Die Aussicht auf einen Landtag mit dem Landes-
fürsten hielt die Bauern v.a. südlich des Brenners nicht von weiteren Plünderungen
ab. Im Juni 1525 kam es zuerst in Meran zu einem Teillandtag der Bürger und
Bauern, der einen Katalog von Beschwerden und Forderungen, die Meraner Ar-
tikel, dann zu einem Generallandtag in Innsbruck, der eine neue Landesordnung
verabschiedete: Der fürstlichen Graffschaft Tirol Landsordnung, auch Bauernlandes-
ordnung genannt, weil sie auf den Beschlüssen des oben erwähnten Teillandtags
vom Vorjahr beruhte. Obwohl dieser Verhandlungserfolg der Tiroler Bauern ange-
sichts der andernorts blutig niedergeschlagenen Aufstände über die Grenzen hin-
aus erhebliche Beachtung fand, brachte er eher scheinbare denn wirklich nachhal-
tige Zugeständnisse. 1526 erschien die Bauernlandesordnung. Im Übrigen begann
man schon 1529 auf Betreiben des Landesfürsten mit deren Revision, die dann
1532 in expliziter Absetzung von der Bauernlandesordnung von 1526 erschien und
die ohnehin schwachen Versuche einer Besserstellung der unteren Stände völlig zu-
rücknahm. Gaismair behauptete in Brixen seine ‚revolutionäre‘ Position. Darauf-
hin wurde er zu Verhandlungen nach Innsbruck gelockt und inhaftiert, während
die letzten Widerstandsnester in Brixen und Trient durch das Militär ausgehoben
und vernichtet wurden. Gaismair konnte nach einigen Wochen fliehen und in der
Schweiz neue Kräfte sammeln. Dort verfasste er auch seine Landsordnung, die sich
mit ihren utopischen und sozialrevolutionären Zügen nun stark von Zwingli und
der Reformation beeinflusst zeigte. Gaismair sammelte Truppen, mit denen er so-
gar den Salzburger Aufständischen zu Hilfe eilte, dann aber vor den Söldnern Jörgs
von Frundsberg nach Süden weichen musste und in den Dienst Venedigs trat. Von
dort zog er sich auf ein Landgut bei Padua zurück, wo ihn 1532 gedungene Meu-
chelmörder erstachen.
Zur selben Zeit wie die Bauernunruhen und aus verwandten und z.T. denselben
Ursachen drang auch die Reformation nach Tirol. Einfallstore boten insbesondere
die Nordtiroler Städte mit ihrer Offenheit nach Süddeutschland, allen voran Hall
und Schwaz. Dort traten lutherische Prediger auf, als machtvollster unter ihnen
Jakob Strauß, der mit seinen lat. Bibelauslegungen großen Zulauf von Klerikern
und Intellektuellen fand. Er und auch sein ‚Nachfolger‘ Urbanus Rhegius, ein
Zwinglianer, mussten trotz ihrer Akzeptanz im Bürgertum und bei den städtischen
Behörden Tirol auf Betreiben des Brixner Bischofs bald wieder verlassen. Auch in
anderen Städten und Märkten traten Verkünder der Lehren Luthers auf, zudem
boten diesen Ansichten die vermehrt eingerichteten deutschen Schulen ein Forum.
Aber auch in Klöstern und Stiften fanden sich Aufnahmebereite. Die Regierung
reagierte mit Zensurmaßnahmen gegen entsprechendes Schrifttum sowie Ermah-
nungen an die Bürgermeister und kommunalen Behörden. Der Hauptgrund der
letztlich mangelnden Stoßkraft der Reformation lag wohl im fehlenden Rückhalt
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593