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Epochenbild 221
Gegenreformation
nung“) einen generell gültigen Lehrplan, wies aber schon vorher sehr einheitliche
Züge auf. Völlig im Zentrum stand der Unterricht des Lat., was schon die Bezeich-
nungen der Klassen belegen, die von den Rudimenta über Grammatica und Syntax
bis zu Humanitas (oder Poesis) und Rhetorica aufstiegen, wobei die beiden obersten
Klassen in Innsbruck erst 1582 bzw. 1615 hinzukamen. Die Lernziele verlagerten
sich vom Erlernen der Sprache und der Lektüre klassischer Autoren (christliche
finden sich, wenn überhaupt, eher in der wesentlich spärlicheren Griechischlektüre
– ein klares Indiz für die Erbschaft des Renaissance-Humanismus) in den unteren
zu einer vermehrt auf Stilsicherheit und Eleganz ausgerichteten aktiven Sprach-
beherrschung in den oberen. Mit starker Außenwirkung wurden die Ergebnisse
dieses Unterrichts in Form der Semester oder Schuljahre abschließenden oder zu
festlichen Anlässen der Hofgesellschaft aufgeführten dramatischen Darstellungen
der Öffentlichkeit präsentiert. Es liegt auf der Hand, dass ein derartiger Schul- und
Kulturbetrieb sich massiv auf die Produktions- und Rezeptionsbedingungen der lat.
Literatur auswirken musste.
Angriffspunkte der Gegenreformation waren einerseits protestantische Zentren
v.a. in den Bergwerksgebieten, also im Unterinntal, um Sterzing und um Bruneck,
andererseits der herabgekommene Klerus insgesamt. Während in dessen höheren
Stufen Pfründenjagd und bis zu völliger Absenz reichendes Desinteresse am zuge-
fallenen Amt an der Tagesordnung waren, bedrückten den niederen Klerus krasse
Unbildung und materielle Not. Diese zwang zu allerlei Nebengeschäften, die zu-
sammen mit dem weit verbreiteten Konkubinat der Würde des geistlichen Standes
abträglich waren. Maßnahmen zur Verbesserung dieser Zustände gingen oft mit
solchen gegen den Protestantismus einher, gegen den man zudem mit Verboten
und Zensurmaßnahmen vorging. Zu diesen gehörte das regelmäßige Ausforschen
und Einziehen reformatorischer Literatur, zu jenen Visitationen von Kirchen und
Klöstern. Dazu traten laufend Religionsmandate des Landesfürsten, die zu rechter
katholischer Lebensführung ermahnten und Abtrünnigen Strafen bis zur Landes-
verweisung androhten.
Allmählich kam neben dem erstaunlich starken Engagement von Landesfürsten
und Regierung auch die vom Konzil angestoßene innerkirchliche Gegenreforma-
tion in Schwung, obwohl auch hier anfänglich der Druck eher von den weltlichen
Behörden als von den Bischöfen in Brixen und Trient ausging. Visitationen waren
wiederum das wichtigste Mittel. Sie brachten z. T. erschreckende Zustände zu Tage.
Besonders desolat dürften diese im Stift Wilten gewesen sein, wo kirchliche und
landesfürstliche Behörden sich mehrere Jahrzehnte lang mit wenig Erfolg um eine
Sanierung bemühten. Zäh lief auch die vom Konzil empfohlene Gründung von
Seminaren an, die den Bildungsstand der Geistlichen erhöhen sollten. In Brixen
gelang eine derartige Gründung erst 1608.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593