Seite - 223 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
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Epochenbild 223
Selbstdarstellung
der Fürsten
Ambraser
Sammlungen
kulturelles Leben
am Hof
Wie das politische, so zentrierte sich auch das gesellschaftliche und kulturelle
Leben zunehmend um Fürsten und Hof, deren glanzvolle Selbstdarstellung nicht
nur die Aufmerksamkeit der Zeitgenossen, sondern auch die der historischen For-
schung (und damit auch dieser Skizze) auf sich zog. Teilweise in Fortsetzung älte-
rer Traditionen insbesondere seit Maximilian I. wurde die Geschichtsschreibung in
den Dienst einer genealogischen Gedächtniskultur genommen. Die Hauptleistung
kommt hier dem Niederländer Gerhard de Roo zu, den Ferdinand II. schon in
Böhmen als Musiker engagiert hatte und der in Innsbruck nicht nur die Kapell-
knaben leitete und die Ambraser Sammlungen verwaltete, sondern (nach frühe-
ren poetischen Versuchen) auch eine Geschichte der Habsburger von Rudolf I. bis
Karl
V. verfasste. Sie wurde nach seinem frühen Tod von dem mit ihm befreundeten
Sekretär Ferdinands, Konrad Dietz, redigiert und bei Johann Baur in Innsbruck
gedruckt. Grundlage der Arbeit war die umfangreiche Bibliothek, die Ferdinand
II.
im Rahmen seiner Ambraser Sammlungen angelegt hatte.
Schloss Ambras, noch von Kaiser Ferdinand I. 1563 aus Privatbesitz abgelöst
und von dessen Sohn an seine nicht standesgemäße Gattin Philippine Welser ab-
getreten, nahm allmählich die Sammlungen auf, die Ferdinand II. schon in Böh-
men begonnen hatte, v.a. Harnische und Gemälde. Ferdinand II. hatte auch sei-
nen wichtigsten Helfer von dort mitgebracht, Jakob Schrenck von Notzing, der
den weiteren Aufbau der Sammlung, bestehend aus Bibliothek, Rüst- und Kunst-
kammer, mit Energie und Geschick vorantrieb und auch eine mit Kupferstichen
versehene Vitensammlung von Machthabern, die sich v.a. kriegerisch hervorgetan
hatten, verfasste. Große Teile der Sammlung wurden später sukzessive nach Wien
transferiert, nur ein kleiner Teil davon kam zurück und befindet sich noch vor Ort.
Ambras war neben der Hofburg in Innsbruck auch Hauptschauplatz von Ferdi-
nands weiteren kulturellen Ambitionen. Während das literarische Leben am Hof
über provinzielles Niveau kaum hinauskam – der Erzherzog trug dazu selbst eine
deutschsprachige moralisierende „Comödie“ mit dem Titel Speculum vitae huma-
nae („Spiegel des menschlichen Lebens“) bei, in der er eine erstaunlich kritische
Haltung zu Krieg, Hofleben und Geld verkünden ließ –, holte man sich für die
Hofkapelle und die Hofmusik Sänger und Instrumentalisten aus damals führenden
Regionen, d.h. aus Flandern und Norditalien ; einige dieser Musiker zeichneten sich
auch als Komponisten aus. Auch in Malerei und bildender Kunst bediente man
sich, wie schon unter Kaiser Ferdinand I., der beiden erwähnten, für die Habs-
burger naheliegenden Herkunftsländer, wobei sich Ferdinand II. seinen wichtigs-
ten Architekten, Giovanni Lucchese, aus dem der Renaissancekunst bereits aufge-
schlossenen Prag mitgenommen hatte. Zu Luccheses Hauptwerken in Innsbruck
zählen die Silberne Kapelle in der Hofkirche, die Ferdinand II. als Grabkapelle
für sich und seine Familie errichten ließ, und der Um- bzw. Neubau von Schloss
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593