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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Seite - 230 -
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230 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands  II. von Tirol (1595) auf die Geburt Christi dichte stehen in Hexametern und elegischen Distichen. Die längeren, nichtlyrischen Beiträge bieten meist eine skizzenhafte Nacherzählung des biblischen oder legenden- haften Geschehens, heben dessen Tragweite hervor und betonen die Ergriffenheit der Anwesenden bzw. fordern sie zu einer solchen Haltung auf. Ein wichtiges Dar- stellungsmittel, das ganz der heilsgeschichtlichen Bedeutung der betreffenden Feste, dem Weiterwirken der damaligen Ereignisse bis zum heutigen Tag, entspricht, ist dabei das der Vergegenwärtigung : Der Sprecher wird von Gott erfüllt und von der Wucht der Ereignisse umgerissen, er berichtet im Präsens, als Augenzeuge, vom Ge- schehen, wendet sich unterschiedslos an sein Publikum und die biblischen Personen und nimmt gemeinsam mit den Zuhörern sozusagen als Statist an der Handlung teil. Besonders gut lässt sich diese Haltung an einer De eodem carmen heroicum (Bl. 104r–106r ; „Gedicht im heroischen Versmaß [d.h. im Hexameter] vom selben [Je- sus Christus]“) betitelten Meditation über die Geburt Christi zeigen, die gleichzei- tig klassizistischen Sprachgestus und christliches Gedankengut beispielhaft mitein- ander vereint. Der Sprecher beginnt mit einer ihm selbst unerklärlichen Freude, die ihn plötzlich überwältigt, und wendet sich hilfesuchend in episch-vergilischem Stil an die Muse : Ac mihi, Musa, refer causas, quo numine fervens, / Quove Deo accensus mea corda agitante calescam (Bl. 104r ; „Und, Muse, erklär mir die Gründe, von welcher Gottheit brennend, von welchem Gott entzündet, der mein Herz bewegt, ich in Hitze gerate“ ; vgl. Aen. 1,8–9). In der Folge berichtet er, wie Gott in Gestalt des Jesusknäbleins vom Himmel herabsteigt und sich nicht zuletzt auch in den Herzen der Zuhörer einnistet, was ein Ovid (fast. 6,5) entnommener Kehrvers un- terstreicht : Est deus in vobis, agitante calescitis illo (Bl. 104v ; „Gott ist in euch, wenn er euch bewegt, geratet ihr in Hitze“). Christus bringt der Erde Frieden und ein neues Goldenes Zeitalter, das durch Anklänge an Vergils in der Frühen Neuzeit stets christlich interpretierte vierte Ekloge untermalt wird : Secula iam demum redeunt Saturnia (Bl. 105r ; „Endlich kehrt nun das Zeitalter Saturns zurück“ ; vgl. ecl. 4,6). Die Erde soll sich freuen, Maria den Knaben rasch gebären und nähren : Pande cito, Maria, gremium, cito lacte redundent / Dulcifluo distenta tibi nunc ubera, virgo (Bl. 105r ; „Öffne rasch, Maria, deinen Schoß, rasch mögen von süßfließender Milch geschwellt deine Brüste überfließen, Jungfrau !“). Hirten und Engel stellen sich ein (Bl. 105v) – nun soll Christus endlich zur Welt kommen, fordert ein wieder ver- gilisch inspirierter Kehr-Halbvers : nascere, parve puer (Bl. 106r ; „komm zur Welt, kleiner Knabe“ ; vgl. ecl. 4,60, 62) ! Schließlich finden sich Dichter und Zuhörer gemeinsam an der Krippe ein (Bl. 106r) : En quoque nos inopis terimus pia limina Bethlem, Quaque viam ostentat, sequimur, pastoria turba,
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
TYROLIS LATINA
Untertitel
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Band
1
Autoren
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Herausgeber
Karlheinz Töchterle
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
602
Schlagwörter
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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