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234 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands
II. von Tirol (1595)
Einblattdrucke
über Wilten und
Stams wahrscheinlich in einer 1536 erschiene-
nen Basler Ausgabe von Johannes Be-
belius kannte, erläutert er im Vorwort
(Bl. Aiir–Aiiir) : Theodorus Prodromus
habe erkannt, dass Verdienste um den
Glauben höher einzustufen seien als
profane Leistungen. Seine Darstellung
der Heiligen sei knapp, enthalte aber
vieles, was andere, ausführlichere Quel-
len nicht böten. Eine lat. Übersetzung,
die das Werk denen erschließe, die des
Griechischen nicht mächtig seien, fehle
bislang.
Schließlich steuerte Ottenthaler
auch den Großteil der Texte zu zwei
offensichtlich als ‚Diptychon‘ konzi-
pierten lat.-deutschen Einblattdrucken
bei, die 1601 bei Johannes Schultes in
Augsburg erschienen. Sie sind das Re-
sultat eines interessanten joint venture :
Der lat. Text eines Blattes stammt von Christoph Wilhelm Putsch, die treibende
unternehmerische, vielleicht auch konzeptionelle Kraft war der in Augsburg ansäs-
sige, zeitweise in Innsbruck tätige Kupferstecher Dominicus Custos (vgl. Sporer-
Heis/Sporer 2006, 64 Anm. 7), der den Druck finanzierte und die Bilder beisteu-
erte. Die beiden Blätter behandeln die Gründung der zwei wichtigsten Nordtiroler
Klöster, nämlich der Stifte Stams und Wilten, und sind deren Äbten gewidmet. Sie
ähneln sich schon in ihrem Druckbild, und ein genauerer Blick auf die Texte er-
gibt eine Reihe weiterer Übereinstimmungen : In beiden Fällen besteht der lat. Text
aus genau 50 Distichen, während die deutsche Version 100 vierhebige, paarweise
gereimte Jamben umfasst, die sogar dasselbe Incipit aufweisen : „Viel zaichen seind
[…]“. Als Zielpublikum sollte man sich vermutlich einen größeren, z.T. weniger
gebildeten Leser- und vielleicht auch Hörerkreis vorstellen : Einblattdrucke wurden
vermutlich häufig laut vorgelesen.
Das Wiltener Gedicht (Edition von Sporer-Heis/Sporer 2006 ; vgl. Abb. 32) – sein lat.
Text wurde laut Titel, wie schon angedeutet, bereits 1571 von Putsch verfasst – erzählt die
bekannte Sage vom Riesen Haymon nach : Haymon kam aus der Fremde nach Tirol und
tötete dort den bei Seefeld ansässigen Riesen Thyrsis, der ihn angegriffen hatte. Wenig spä-
ter trat er zum Christentum über und begann zur Sühne für seinen Totschlag das Kloster
Abb. 32: Christoph Wilhelm Putschs und Paul
Ottenthalers De Haymone gygante.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593