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Dichtung 243
Charakterisierung
aus dem Umfeld der Universität bzw. der Madruzzo-Familie mit der Abfassung des
Gedichts beauftragt wurde oder aus Eigeninitiative handelte, ist unklar.
Die Madrucias weist alle Merkmale eines historisch-enkomiastischen Epos auf.
Dabei konzentriert sie sich auf die Geschichte des 16. Jhs., in dem die Familie ihre
Blüte erlebte, und schildert vorwiegend jene Ereignisse und Entwicklungen, an
denen deren einzelne Mitglieder (vgl. Abb. 33) teilhatten. Der historische Anstrich
des gut lesbaren und in flüssigem Stil verfassten Werkes wird schon durch eine un-
gewöhnlich hohe Zahl von Marginalien deutlich, die den Leser an eine Fülle von
Spezialliteratur weiterverweisen. Die Verbindung zwischen geschichtlicher Erzäh-
lung und Lobpreis der Familienmitglieder gelingt jedoch nicht immer. Die in Epen
dieser Zielsetzung oft auftretende Schwierigkeit, dass weltgeschichtlich bedeutende
Geschehnisse unter dem Blickwinkel des manchmal doch recht bescheidenen Bei-
trags der in den jeweiligen Gedichten zu lobenden Einzelpersonen geschildert wer-
den müssen, führt zu Übertreibungen und Verzerrungen, die zumindest den mo-
dernen Leser irritieren. Ein Beispiel hierfür ist die durch unzählige intertextuelle
Verweise zum Ausdruck kommende Allgegenwart der Aeneis. Diese Präferenz ist
ohne Zweifel programmatisch, kann aber letzten Endes nicht überzeugen. Denn
während Vergil als Lobredner des Augustus zum Fortleben einer Dynastie beitrug,
die sich einen einzigartigen Platz in der Weltgeschichte sicherte, preist Engerd eine
Familie, deren Einfluss zwar bedeutend war, die insgesamt aber nie den Stellenwert
des julisch-claudischen Herrscherhauses zu erreichen vermochte.
Das Gedicht beginnt mit allgemeinen Informationen zur Geschichte und Geographie
Trients (1–7). Nach ersten Huldigungen an die wichtigsten Familienmitglieder wendet
sich der Autor für den Rest des ersten Buches (8–26) dem Konflikt zwischen Karl V. und
Abb. 33: Stammbaum der wichtigsten von Johann Engerd und Jakob Fischer genannten Mitglieder
der Familie Madruzzo.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593