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Dichtung 247
Logus,
Athesis fluminis
vaticinium
diplomatischen Verstimmungen kam, welche die allgemeine Festfreude ein wenig
trübten (Holtzmann 1903, 146–150), entstanden zu diesem Anlass gleich zwei en-
komiastische Gedichte.
Ein Albericus Logus, über den weiter nichts bekannt ist,14 verfasste ein Athe-
sis fluminis vaticinium ad serenissimam Boemiae reginam Tridentum ingredientem
(„Weissagung der Etsch an die durchlauchtigste Königin von Böhmen bei ihrem
Einzug in Trient“) in 58 Hexametern. Es ist gut vorstellbar, dass er in Beziehung
zum bischöflichen Hof stand und von offizieller Seite mit der Verfassung des Hul-
digungsgedichts betraut wurde, das im Rahmen der Feierlichkeiten bei Maximilians
und Marias Empfang vorgetragen worden sein könnte. Darüber hinaus ist denkbar,
dass die schriftliche Fassung dem königlichen Paar als Geschenk überreicht wurde
und so ihren Weg nach Wien fand. Dort (ÖNB, Cod. 9919/2) finden wir nämlich
das einzig erhaltene Exemplar des Gedichtes. Ob es sich dabei um das Original oder
nur um eine Abschrift handelt, ist allerdings nicht klar.
Das Gedicht berichtet zu Beginn, wie die Königin bei ihrer Ankunft vor den Toren Trients
vom Flussgott Athesis angesprochen wird. Nach der Begrüßung folgt eine Prophezeiung,
die den Hauptteil des Textes ausmacht : Marias Gatte Maximilian – der heimliche Adressat
des Textes – wird das weiterführen, was sein Onkel, Kaiser Karl V., und sein Vater, Fer-
dinand I., begonnen haben, und v.a. im Osten des Reiches große militärische Triumphe
feiern. So wird er dem Römischen Reich eine neue Friedenszeit schenken :
En rursus rem Romanam populumque Latinum
Pacatum Eridanusque pater Tibrisque videbu<n>t
Atque iterum belli postes claudentur et isto
Rege renascentur Saturni tempora prisci.
Da schau : Die Donau und Vater Tiber werden den römischen Staat und das Volk der
Latiner von neuem befriedet sehen. Die Tore des Krieges werden wieder geschlossen wer-
den : Unter diesem Kaiser werden die alten Zeiten des Saturn [d.h. das Goldene Zeitalter]
wieder erstehen.
Am Ende seiner Prophezeiung angelangt, wünscht der Etsch-Gott Maria ein glück-
liches Leben an der Seite ihres Gatten und springt in die Fluten zurück. Das Paar
zieht unter Jubel in die Stadt ein und wird von Cristoforo Madruzzo feierlich emp-
fangen.
14 Der Titel des Manuskripts weist ihn als Salentinus aus. Ob er aus Salento in Apulien stammt (vgl.
den Eintrag bei Graesse 1972, 307), ist unklar.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593