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Dichtung 259
Begleitgedicht zu
de Roos Annales
Die 640 Seiten Gedichte, die dieser schon bei Lebzeiten laufend gesammelt und in
der Hs. ÖNB, Cod. 9821 vereinigt hat, stammen zum überwiegenden Teil aus sei-
ner Prager Zeit, enthalten aber auch einige Stücke, die mit Tirol zu tun haben : Auf
dem Rückweg von Padua im Jahr 1553 sind in Trient einige Epigramme entstanden,
großteils Variationen über vorgegebene Themen in einzelnen Hexametern und Di-
stichen (Bl. 244r–246r). Am Schluss der Hs. (Bl. 320r–321v) stehen einige weitere
Epigramme, z.T. vielleicht für Schloss Ambras gedachte Inschriften, z.T. Grabepi-
gramme, darunter eines für den Autor selbst. Einiges Interesse kann v.a. aufgrund
ihrer seltenen metrischen Form, des fünften horazischen Epodenmaßes (Hexameter,
gefolgt von jambischem Dimeter), die Serie kurzer Gedichte auf Städte beanspru-
chen, in der Handsch eine Reise von Prag nach Venedig im Jahr 1558 beschreibt (Bl.
288v–297v). Der Tiroler Teil dieser Reise (Bl. 293r–295r) führt ihn durch Rattenberg,
Schwaz, Hall, Innsbruck, Matrei am Brenner, Brixen, Bozen und Trient. Innsbruck
findet er klein, aber glanzvoll ; das Goldene Dachl war schon damals eine Attraktion :
Si spectes urbis spacium numerosve domorum,
Haud magna quantitas erit.
Si vero lustres, quis splendor honorque sit harum,
Vocabis Augustissimam.
Publica quo super investitur curia tecto,
Ex aureis est laminis.
Wenn du die Fläche der Stadt betrachtest oder die Zahl ihrer Häuser, wirst du nicht auf
eine große Menge kommen. Wenn du dir aber ansiehst, welchen Glanz, welche Ehre sie
besitzen, wirst du sie höchst erhaben nennen. Das Dach, mit dem das öffentliche Rathaus
gedeckt ist, besteht aus goldenen Schindeln.
Gegen Ende dieser Epoche findet sich ein interessantes Einleitungspoem zu den
S.
324–328 besprochenen Annales des Gerhard de Roo (b2r–[b6]r) – eines der zahl-
reichen Begleitgedichte zu größeren Werken, die diese kommentieren oder empfeh-
len –, das die Habsburger insgesamt zum Thema hat. Es handelt sich um das In Aust-
riacae arborem genealogiae poemation epicum paraphrasticum („Episches Gedichtlein,
das den Österreichischen Stammbaum paraphrasiert“) eines Oswald Portner. Was
die Grundidee betrifft, ist dem gut 300 Hexameter langen Gedicht eine gewisse
Originalität nicht abzusprechen : Wie schon der Titel erahnen lässt, verfolgt es in
freier Anlehnung an den Stammbaum auf der vorhergehenden Seite der Annales
(vgl. Abb. 35) chronologisch die Hauptlinie des Hauses Habsburg von Rudolf I.
bis zu Maximilian I. (in dem für Portner das Geschlecht gipfelt) und Philipp dem
Schönen und nennt daneben auch andere wichtige Familienmitglieder. Leider er-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593