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Theater 269
‚Bildungsdramen‘
Jakob Pontanus
Aufbau
In der hier behandelten Epoche spielt als Aufführungsort nur Innsbruck eine Rolle.
Über den Haller Spielplan im 16. Jh. ist fast nichts bekannt. Das Gymnasium von
Trient wurde, wie erwähnt, erst im 17. Jh. gegründet.2
Zu Beginn soll eine zwar nicht allein vorherrschende, aber für die Frühzeit des
Innsbrucker Jesuitendramas charakteristische Gruppe von kleinen Dramen behan-
delt werden, die den Schulbetrieb oder die Bildung allgemein thematisieren. Solche
Dramen führen eine Tradition des eher weltlichen humanistischen Schuldramas
weiter, die mit Jakob Wimphelings Stypho beginnt, und waren bei den Jesuiten
generell sehr beliebt. Berühmtestes Beispiel ist Jakob Gretsers Regnum Humanitatis
(1585–1590). Im Gegensatz zu den später dominierenden geistlichen Tragödien
bzw. „Tragikomödien“ (Tragödien mit optimistischem Ende) sind diese Stücke ten-
denziell komödienhaft angelegt. Das erste bekannte Beispiel aus Innsbruck ist ein
Drama von Jakob Pontanus zur Eröffnung des Schuljahrs 1580, das hier auch näher
vorgestellt werden soll (vgl. die Edition von Tilg 2006a).
Das betreffende Stück trägt den wenig sagenden Titel Ludus de instauratione stu-
diorum („Schauspiel über die Eröffnung der Studien“) und weist damit nicht auf
seinen Inhalt, sondern auf den Anlass hin, zu dem es aufgeführt wurde. Der Autor,
Jakob Pontanus (1542–1626), ist einer der bedeutendsten deutschen Jesuiten in der
Frühzeit des Ordens.3 Die Orte seiner hauptsächlichen Wirksamkeit waren Dillin-
gen und ab 1581 v.a. Augsburg. 1580 wurde er aber eigens für die Inszenierung des
Schuleröffnungs-Dramas in Innsbruck engagiert. Eine seit kurzem bekannte zweite
(Dillinger) Fassung des Stücks scheint erst danach zur Aufführung gekommen zu
sein (vgl. Leinsle 2006a, 263–269).
Die Namen „Komödie“ oder „Tragödie“ lehnt der Dichter im Prolog ab, weil
diese für das vorliegende Geschichtlein (fabellula ; das Stück umfasst nur 590 Verse)
zu hoch gegriffen seien. Dementsprechend weist das bloß als ludus („Scherz, Spiel“)
klassifizierte Stück auch keine Einteilung in Akte und Szenen auf. Einschließlich
des Prologsprechers und einer nur im Personenverzeichnis genannten – vielleicht in
der anschließenden Preisverteilung zum Einsatz kommenden – Allegorie der Gloria
treten nur dreizehn Personen auf. Die eigentliche Handlung wird gar nur von fünf
Protagonisten getragen : zwei schlechten, faulen Schülern, zwei guten, fleißigen
Schülern und dem Lehrer Sophronius.
Die zwei faulen Schüler Typtomenus („Geschlagener“) und Flagrio („Prügelknabe“)
schwänzen die Schule und schmieden auf dem Markplatz einen Plan, um aus dem ver-
2 Für einen umfassenden theaterwissenschaftlichen Überblick über das Jesuitendrama in Innsbruck
(und Hall) vgl. Zwanowetz 1981. Eine stoffgeschichtliche Untersuchung bietet Tilg 2008.
3 Zu Leben und Werk vgl. z.B. Valentin 2, 1097–1098 ; Bauer 1984 ; Killy 9, 204–206 ; Blum 1993.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593