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308 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands
II. von Tirol (1595)
Trient
Stellimaurus hervor, die von der Gunst ihrer jeweiligen Mäzene abhängig waren, so etwa Giano
Pirro Pincio, der Hofdichter des Trientner Bischofs, oder Schrenck von Notzing,
der die Sammlungen Erzherzog Ferdinands II. auf Schloss Ambras betreute.
Das Mäzenatentum der Bischöfe Bernhard von Cles (1485–1539) und Cristo-
foro Madruzzo (1512–1578) brachte es mit sich, dass Trient in der ersten Hälfte des
16. Jhs. als Ort historiographischer Produktion heraussticht. Neben dem bekann-
testen Autor, Giano Pirro Pincio, dessen Werke gedruckt wurden, sollen im Folgen-
den auch die nur hs. überlieferten Werke von Stellimaurus, Franco und Innozenz
von Prato in chronologischer Reihenfolge beleuchtet werden.
Über das Leben von Hieronymus Stellimaurus ist relativ wenig bekannt (Gasser
4, 16, Morizzo 1889, 180–181, Ambrosi 1894, 25). Wie aus seinem Beinamen
Brezio hervorgeht, stammt er aus Brez im Nonstal. Sein Vater Antonio war 1481
Mitglied des Stadtrates in Trient und war von Kaiser Friedrich geadelt worden. Hie-
ronymus selbst war Arzt, 1500 Mitglied des Stadtrates und in den Jahren 1516 und
1522 Bürgermeister. Am 27. September 1522 bestätigte Kardinal Bernhard von
Cles auch das Adelsprivileg für ihn (abgedruckt bei Sardagna 1889, 78). Aufgrund
seiner großen Verdienste um die Stadt Trient erhielt er zahlreiche Auszeichnungen
und Privilegien. 1525 begab sich Stellimaurus nach Padua, um die Nachfolge der
Signoria von Nomi zu regeln. Aus dem Einleitungsbrief seines 1526 entstandenen
Werkes De bello rustico („Über den Bauernkrieg“)3 erfährt der Leser, dass er in die-
sem Jahr die Tätigkeit als Arzt aufgegeben hat. Wie aus einem Dokument des Jahres
1530, in dem Stellimaurus bereits tot war, hervorgeht, war er verheiratet und hatte
zwei Söhne.
Das Werk De bello rustico gliedert sich in zwei ungleich lange Bücher mit neun und 22
Kapiteln und schließt mit einer Epistel. Am Beginn des ersten Buches will Stellimaurus
als Augenzeuge Unglaubliches berichten, das in den meisten großen Geschichtswerken
übergangen wurde (Kap. 1). Wunder und Vorzeichen ließen großes Unheil erwarten (Kap.
2) : Bei einem Bergsturz ging ein ganzes Dorf zugrunde, nur zwei Knaben überlebten auf
wundersame Weise ; ein Wucherer meinte am Vortag der Katastrophe, eher würde der Berg
über ihm einstürzen, als dass er einen Preisnachlass gewährte (Kap. 3). Weitere Vorzei-
chen ereigneten sich (Kap. 4). Die in Deutschland ausgebrochenen Bauernunruhen griffen
auch auf Trient über. Weil sich Bischof Bernhard von Cles nach Riva zurückgezogen hatte,
richtete sich der Zorn der Bauern, die nur Kaiser und Gott als Herrn akzeptieren woll-
3 Das Original der Schrift soll im Franziskanerkloster Trient liegen (Morizzo 1889) ; es existieren
zudem einige Abschriften, etwa TLMF, Dip. 834 und FB 3624 sowie BCT, ms. 214 und 1158. Die
Einteilung in Bücher und Kapitel, nach der im Folgenden auf der Grundlage von TLMF, Dip. 834
zitiert wird, stimmt in diesen Hs. überein.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593