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Philosophie 353
Reindel/
Burgklechner :
Assertiones
Aristotelicae
Gratulations-
gedicht
Widmung
präsentieren. Ein Büchlein ist repräsentativer als ein Blatt und bietet überdies noch
die Gelegenheit zur Einschaltung einer Widmungsrede sowie von – hier allerdings
fehlenden – Gratulationsgedichten an den Respondenten.
Die 202 präsentierten Thesen der Schrift stammen, wie schon am Titelblatt abzulesen, ex
logica, ex libris de physico auditu, ex libris de caelo, ex libris de generatione et corruptione, ex
libris de anima, ex philosophia divina („aus der Logik, aus den Büchern Über den natür-
lichen Gehörsinn, aus den Büchern Über den Himmel, aus den Büchern Über das Werden
und Vergehen, aus den Büchern Über die Seele, aus der göttlichen Philosophie“). Daran
schließen sich noch Theoremata nonnulla ambigua („einige zweifelhafte Lehrsätze“) und
wenige Thesen ex medicina an. Die Stoffgebiete entsprechen weitgehend Titeln aus dem
aristotelischen Corpus – mit der „göttlichen Philosophie“ ist wohl die Metaphysik gemeint.
Neben den großen oberitalienischen Universitäten von Bologna und Padua war im
Norden besonders die Universität Ingolstadt ein bevorzugtes Ziel der Tiroler Philo-
sophiestudenten. Sie wurde seit der Mitte des 16. Jhs. von Jesuiten geleitet und ent-
wickelte sich unter deren Führung zu einem der wichtigsten gegenreformatorischen
Zentren des deutschen Sprachraums. Der spätere Tiroler Vizekanzler und Histori-
ker Matthias Burgklechner (1573–1642) studierte Philosophie in Ingolstadt und
veröffentlichte dort 1593 seine unter dem Vorsitz des Philosophieprofessors Rupert
Reindel disputierten Assertiones Aristotelicae de rebus naturalibus, quibus Aristotelis
sententia de gravioribus physicis quaestionibus aperitur („Aristotelische Sätze über die
Dinge der Natur, durch welche die Ansicht des Aristoteles über die wichtigeren
Fragen der Naturforschung eröffnet wird“). Der Aristotelismus ist hier schon im
Titel festgeschrieben. Aus dem Stoff des cursus philosophicus wird äußerlich nur die
Physik berücksichtigt, was aber nicht ohne die Terminologie des Organon und der
Metaphysik abgeht.
Auf das Titelblatt folgt ein Gedicht in elegischen Distichen an Burgklechner, das
der Trientner Bartholomäus Benamatus, wahrscheinlich ein Studienkollege, ver-
fasst hat : Burgklechner habe alle Tücken der Weisheit gemeistert und könne sich
deshalb glücklich schätzen : Te docti obstupuere viri solvisse sophisma, / Et Sophiae
laqueos dissoluisse graves (V. 11–12 ; „Gelehrte Männer haben über dich gestaunt,
weil du die Trugschlüsse der Weisheit gelöst und ihre widrigen Fallstricke aufge-
bunden hast“). Er möge so fortfahren und positiv für seine Heimat wirken : Perge
bonis avibus faelix vestigia caeptis / Ponens, sic Patriae turgida vela dare (V. 19–20 ;
„Fahr glücklich unter guten Vorzeichen fort, wie du begonnen hast, volle Segel für
die Heimat zu setzen !“).
Die Widmung der Disputation gilt Zyriak Haidenreich von Pidenegg und Mat rai,
dem Hofkammerpräsidenten von Erzherzog Ferdinand II. In ihr rollt Burgk lechner
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593