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374 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands
II. von Tirol (1595)
Ätiologie
Vorbeugung den einer Definition vorgehen sollte (Kap. 3), folgen lange Erklärungen über das Fieber
allgemein und seine Unterscheidungsmöglichkeiten (Kap. 4–8). Es schließen sich Ausfüh-
rungen über die Ansteckungsmöglichkeiten (Kap. 9), über die Ursachen für das Auftreten
der verschiedenen Symptome, besonders der charakteristischen Hautflecken, der peticuli
(Kap. 10–11), die Prognose (Kap. 12) und Prophylaxe (Kap. 13) an. Am Ende spricht
Rovereti über die Möglichkeiten, die Patienten zu behandeln bzw. zu heilen (Kap. 14–16).
Obwohl Rovereti um den eigentlichen Grund für das Auftreten und die rasche
Verbreitung der Krankheit nicht wissen kann (die Kleiderlaus wurde als Überträger
erst im Zuge von Untersuchungen während des Ersten Weltkrieges entdeckt) und
gemäß der Theorie Galens die Luft als Trägerin des Ansteckungsstoffes ausmacht,
werden in De peticulari febre erstaunlich viele korrekte sekundäre Gründe für die
Genese der Seuche angeführt. Der Verfasser verweist z.B. darauf, dass im Jahr 1590
der Sommer sehr heiß und trocken, der Winter sehr kalt und schneereich gewesen
sei ; die Folge sei ein Getreidemangel im darauf folgenden Jahr gewesen. Dies ist
deshalb nicht unerheblich, weil das Fleckfieber auch heute noch unter der Bezeich-
nung „Hungertyphus“ bekannt ist, da es sich immer dort auszubreiten pflegt, wo
der Lebensstandard sehr tief ist. Auch verweist der Arzt darauf, dass im Verhältnis
mehr vermögende als arme Leute daran sterben würden. Zwar ist seine Erklärung
dafür (nämlich dass sich die reicheren Bewohner durch den Verzehr importierten
Weizens aus Deutschland infiziert hätten, während die einfache Bevölkerung das
heimische Korn gegessen habe) aus heutiger Sicht verfehlt, seine Beobachtung er-
weist sich allerdings für eine retrospektive Diagnostik als wichtig : Die stoffreiche
Mode höherer Schichten hatte Kleiderläusen einen perfekten Nährboden geboten
(Schimitschek/Werner 1985, 76).
In puncto Vorbeugung orientiert sich Rovereti augenscheinlich an den damals
gebräuchlichen Methoden der Pestprophylaxe (Schimitschek/Werner 1985, 111–
129). So rät er, sich sofort aus dem Gebiet, in welchem die Seuche grassiere, zu
entfernen. Wenn dies nicht möglich sei, müsse man im Umgang mit den Kranken
äußerste Vorsicht walten lassen. Körperteile, welche nicht durch Kleidung bedeckt
seien, müsse man mit Öl einreiben, um die Poren der Haut zu verschließen und
somit eine Ansteckung durch die Luft zu vermeiden ; wichtig sei es auch, die Luft
im Zimmer des Kranken immer wieder zu wechseln und selbiges nicht zu betre-
ten, wenn man außer Atem sei. Außerdem sei es ratsam, der verdorbenen Luft im
Krankenzimmer durch das Verdunsten von Essenzen oder durch Zitronenschalen
im Mund entgegenzuwirken. Patienten, die an der Krankheit gestorben seien, solle
man nicht berühren, wenn sie nicht vorher mit Essig desinfiziert worden seien ;
auch könne ihr Bettzeug erst wieder verwendet werden, wenn man es einige Tage
lang gut durchgelüftet oder gewaschen habe.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593