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388 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Brixen und Trient
Leopold V. missionare und ‚Nachhilfelehrer‘ des Weltklerus tätig und schufen so den Boden für
die in weiten Teilen der Bevölkerung aufblühende barocke Frömmigkeit.
Im Gefolge des Tridentinum war auch den Bischöfen von Brixen und Trient die
kirchliche Reform ein Anliegen. Häufiger als zuvor wurden Diözesansynoden ein-
berufen. Besonders wichtig waren die Synode von Trient 1593 und jene von Brixen
1603, in denen sich die Diözesen neue, mit geringfügigen Modifikationen für zwei
Jahrhunderte gültige lat. Statuten gaben. Beide erschienen im Druck und wurden
in der Folgezeit mehrfach aufgelegt. Auch die Visitation der Klöster wurde vor-
angetrieben, wobei langsam, aber kontinuierlich eine Besserung der oft desolaten
Verhältnisse festgestellt werden konnte. Ende des 16. Jhs. – das genaue Datum steht
nicht fest – wurde in Trient ein Priesterseminar gegründet, 1607 eines in Brixen.
Hier wurden Knaben ab dem zwölften Lebensjahr auf eine geistliche Laufbahn
vorbereitet. Auch diese Gründungen waren im Geist des Konzils von Trient, das die
Institution der Priesterseminare definiert und gewünscht hatte. Von einem tief ge-
henden Reformbewusstsein kann man allerdings im Fall des Trientner Fürstbischofs
Carlo Gaudenzio Madruzzo (reg. 1600–1629) nicht sprechen. Wie bei seinen Vor-
gängern aus dem Haus der Madruzzo war seine Politik eher von Familieninter-
essen, weltlicher Prachtentfaltung und humanistischem Mäzenatentum bestimmt
(vgl. die ihm schon 1583 gewidmete Madrucias des Johann Engerd). Der 1604 in
den Kardinalsstand erhobene Carlo Gaudenzio war häufig von Trient abwesend
und überließ die Leitung der Diözese in der Praxis weitgehend seinem Weihbischof
Pietro Belli. 1622 installierte er seinen Neffen Carlo Emanuele als Koadjutor und
setzte sich selbst für den Rest seiner Amtszeit nach Rom ab.
Ein anderes Bild bot sich in Brixen. Der hier von 1601 bis 1613 regierende
Christoph IV. Andreas von Spaur gilt als erster konsequenter Reformbischof Tirols
im Sinn des Tridentinum. Mit Ausnahme seines unmittelbaren Nachfolgers Karl
von Österreich (reg. 1613–1624) wurde sein kirchliches Engagement auch von den
folgenden Brixner Fürstbischöfen bewahrt. Sowohl für Trient als auch für Brixen
gilt, dass die Reorganisation der Diözesen nicht nur religiösen, sondern auch politi-
schen Zielen galt. Die Fürstbischöfe entwickelten ein zunehmendes Selbstbewusst-
sein gegenüber den Tiroler Landesherren. Daraus entspann sich ein langwieriger
und gelegentlich heftiger Streit, in dem die Fürstbistümer mehr Autonomie und
weniger Steuerverpflichtungen forderten. Zu einem besonderen Stein des Anstoßes
wurden die schon erwähnten Brixner Synodalstatuten von 1603, die der Einmi-
schung des Landesfürsten in kirchliche Angelegenheiten offen den Kampf ansagten
(vgl. Bücking 1972).
Ein Jahr nach dem Tod Maximilians 1618 folgte ihm Leopold V. (1586–1632),
ein Bruder Kaiser Ferdinands II., in der Regierung Tirols nach. Leopold war zu-
vor bereits Bischof von Passau und Straßburg geworden, trat aber 1625 in den
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593