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390 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Brixen : Durchset-
zung der Reform Teil des Hofballhauses (des heutigen „Congress“) zu einem „Comedihaus“ nach
italienischem Vorbild ausbauen. Da uns keine Titel von Aufführungen überliefert
sind, muss offen bleiben, was hier gespielt wurde. Wahrscheinlich waren Ballette
darunter, von denen bei der Beschreibung von Hoffesten immer wieder die Rede
ist, vielleicht auch schon die eine oder andere italienische Oper. Das Jesuitendrama,
das nun stärker als je zuvor als heimliches Hoftheater agierte, passte sich den neuen
Entwicklungen schnell an. Schon 1626 wurde zur Hochzeit von Leopold und Clau-
dia – offensichtlich mit Musikbegleitung – ein Rudolphus Habspurgicus gespielt, in
dem Leopold als Nachfahre des ersten habsburgischen Königs Rudolf gefeiert wird.
Auch in der bildenden Kunst und Architektur gab es bedeutende Leistungen. Seit
Leopolds Heirat mit Claudia de’ Medici waren immer wieder florentinische Maler
wie etwa Lorenzo Lippi am Innsbrucker Hof beschäftigt. Der Bildhauer Caspar
Gras schuf 1622–1630 den Leopoldsbrunnen, der den Erzherzog hoch zu Ross auf
einem Pferd in der Levade zeigt – ein Typ, der in dieser Größe nördlich der Alpen
bisher noch nicht verwirklicht worden war. Christoph Scheiner, der 1619 in Inns-
bruck sein ophthalmologisches Hauptwerk Oculus, hoc est fundamentum opticum
(„Das Auge als Fundament der Optik“) veröffentlichte und bis zum Tod Leopolds
in einem Briefwechsel mit ihm stand, wurde auch mit der Leitung des Baues der
neuen Jesuitenkirche beauftragt. Dass diese dann 1626 wegen Baumängeln ein-
stürzte, ist freilich ein weniger rühmliches Kapitel in Scheiners Biographie. Unbe-
irrt von diesem Missgeschick, ging man bereits im nächsten Jahr nach Plänen des
Salzburger Dombaumeisters Santino Solari an einen noch eindrucksvolleren Neu-
bau (1627–1640), der unter maßgeblicher Beteiligung des Innsbrucker Baumeisters
Christoph Gumpp durchgeführt wurde.
In den Tiroler Fürstbistümern setzte sich indessen die unter Maximilian einge-
schlagene Richtung fort. Brixen setzte konsequent auf die tridentinische Reform,
die auch von den Landesfürsten und den Jesuiten betrieben wurde und in der gan-
zen Diözese weite Kreise zog. Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang
auch der Arzt und Polyhistor Hippolytus Guarinonius, der durch seine zahlreichen,
z.T. auch lat. verfassten hagiographischen Schriften an der Neubelebung von Kult
und Frömmigkeit maßgeblichen Anteil hatte und als eine der bedeutendsten Ge-
stalten der katholischen Restauration in Tirol gilt. Dass er sich bei seinem gegen-
reformatorischen Tun im Einklang mit den kirchlichen Autoritäten sah, beweisen
u.a. seine lat. Lobreden auf den Trientner Fürstbischof Carlo Gaudenzio Madruzzo
und dessen Brixner Amtskollegen Daniel Zenn. Abgesehen von Karl von Österreich
(reg. 1613–1624) stellten sich alle Brixner Bischöfe dieser Epoche in den Dienst
der Reform, was z.T. an eigenen literarischen Werken ablesbar ist. Es handelt sich
um Hieronymus Otto Agricola (reg. 1625–1627), der in seiner Jugend das Drama
Deiparae virginis tutela („Schirmherrschaft der jungfräulichen Gottesgebärerin“ ;
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593