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Epochenbild 395
Aufschwung des
Buchdrucks
Brixen, Trient
Der Tiroler Buchdruck des 16. Jhs. war noch recht exklusiv. Bis zu Beginn unserer
Epoche wurden in ganz Tirol nur etwa 100 Werke gedruckt. Das sollte sich nun rasch
ändern, einerseits weil sich die Produktionsbedingungen durch bessere Ausrüstung
und Technik verbesserten, andererseits, weil neue Druckereien hinzukamen. In Inns-
bruck hatte Johannes Paur (latinisiert „Agricola“) 1577 die von Rupert Höller einge-
richtete Regierungsbuchdruckerei übernommen und brachte sie auf ein ansehnliches
Niveau (vgl. etwa den kunstvollen Druck von Gerhard de Roos Annales 1592). Bei
seinem Tod 1602 gab er den Betrieb an seinen Sohn Daniel weiter, der sich schon
bald mit dem Titel „Hofbuchdrucker“ schmücken konnte. 1626 gründete Johann
Gäch, ein früherer Lehrling Daniel Paurs, eine zweite Druckerei in Innsbruck. Die
damit herbeigeführte Konkurrenzsituation zwischen zwei Betrieben blieb bis zum
Ende der Epoche bestehen. Paur und Gäch starben beide im selben Jahr, 1639. Die
Paur’sche Druckerei blieb durch die Weitergabe an Daniels Sohn Hieronymus in
Familienbesitz. Das Konkurrenzunternehmen fiel zunächst an die Witwe von Johann
Gäch, die aber schon bald den schwäbischen Buchdruckergesellen Michael Wagner
heiratete und diesem die Gäch’sche Offizin übertrug. Die von Michael begründete
‚Dynastie‘ Wagner spielte fortan über Jahrhunderte eine zentrale Rolle im Innsbru-
cker Buchdruck, von der heute noch der Universitätsverlag Wagner Zeugnis gibt. Der
geschäftstüchtige Schwabe kaufte 1668 nach dem Tod des kinderlosen Hieronymus
Paur dessen Betrieb und führte ihn mit seinem eigenen zusammen, sodass für kurze
Zeit wieder nur eine Druckerei in Innsbruck bestand. Die Innsbrucker Drucker des
17. Jhs. arbeiteten insgesamt sehr qualitätvoll, was u.a. aus ihren schönen, auch aus
dem Ausland in Auftrag gegebenen Notendrucken hervorgeht.
In Brixen kam der Buchdruck nach dem Tod von Donat Fätz 1597 für längere
Zeit zum Erliegen. Die Diözese gab ihre Druckaufträge währenddessen an die in
Innsbruck ansässigen Daniel und Hieronymus Paur. Letzerer errichtete 1638 in
Brixen eine Zweigstelle seines Betriebs. Relativ spät, nämlich erst ab 1584, lässt
sich eine ständige Druckerei in Trient nachweisen. Ab diesem Zeitpunkt waren
dort die Brüder Giovanni Battista und Giacomo Gelmini tätig. Nach dem Tod von
Giacomo führte Giovanni Battista die Druckerei allein und gab sie 1615 an seinen
Sohn Giovanni Maria weiter, der aber nur bis 1619 wirkte. Danach übernahm of-
fenbar der frühere Lehrling Santo Zanetti den Betrieb. Schon 1599 hatte Gelmini
Konkurrenz durch Simone Alberti bekommen, der das Unternehmen 1612 seinem
Sohn Giovanni vermachte. Nach dessen Tod 1630 war Zanetti ohne Konkurrenz.
Seit 1635 durfte er sich bischöflicher Buchdrucker nennen. Sein Sohn Carlo Za-
netti, der die Druckerei seit 1645 führte, übernahm dieses Privileg und behielt die
Monopolstellung bis zum Ende unserer Epoche. Schließlich sei noch erwähnt, dass
sich mit dem aus Venedig stammenden Carlo Simone Girardi 1659 auch in Bozen
ein Buchdrucker niederließ (vgl. Waldner 1888 ; Chemelli 1983, 484–509).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593