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Dichtung 399
Verlauf des
Schuljahrs
ten verschiedener – stets namentlich genannter – Schüler, was den Gepflogenheiten
des Unterrichts entspricht : alle hatten jeweils dasselbe vom Lehrer gestellte Thema
zu behandeln (Duhr 1896, 244–245, 247, 252). Darüber hinaus ist es eher die
Regel als die Ausnahme, dass ein bestimmtes Generalthema in mehrere Aspekte
aufgegliedert wird (z.B. ein Martyrium in seine verschiedenen Stadien), wodurch
dann umfangreiche Zyklen entstehen können. Nicht ganz klar ist, zu welchem
Zweck die Sammlung angelegt wurde, aber es wird wohl das Bestreben der Jesuiten
dahinter stehen, das hohe Niveau ihres Unterrichts zu dokumentieren. Die im Titel
und dann wieder zu Beginn der einzelnen Abschnitte (1–65, 67–135, 136–196,
1974–270) genannten Jahreszahlen dürften nicht kalendarisch zu verstehen sein,
sondern fĂĽr die Schuljahre 1610/11 bis 1613/14 stehen. HierfĂĽr spricht neben der
sachlichen Logik i.A. auch der Umstand, dass die Abfolge der Gedichte teilweise
dem Verlauf des Schuljahrs entspricht, das damals Anfang November begann und
bis gegen Ende September ging (Duhr 1896, 66). Ein kurzer Ăśberblick ĂĽber den
Aufbau der einzelnen Jahresabschnitte mag dies veranschaulichen.
Die unter der Jahreszahl 1610 verzeichneten Gedichte beginnen mit einer Serie, die das
Martyrium der Hl. Katharina von Alexandria zum Thema hat (1–10) und das Schuljahr
sozusagen dem Schutz dieser bei den Jesuiten überaus populären Patronin der Studien
(Tilg 2005b, v.a. 8–12 ; vgl. hier S. 277) unterstellt. Nach einer längeren Meditation über
die Unausweichlichkeit des Todes (11–12) folgen Epigramme über die vier menschlichen
Lebensalter (12–15), Polemik gegen das wahnsinnige Treiben der Bacchantinnen (15–17)
und ein kurzes Einzelgedicht gegen das WĂĽrfelspiel (17). Den Kern des Pensums stellt
eine lange Sequenz dar (17–58), welche, von einem kurzen Einsprengsel gegen Ende ab-
gesehen, Ereignisse und Personen vom Beginn der Passion bis zum Pfingstwunder behan-
delt und dementsprechend gut ĂĽber die Winter- und FrĂĽhlingsmonate hinweg entstanden
sein könnte : Christus am Ölberg, wo er Blut schwitzt (17–23), Geißelung (23–25), Dor-
nenkrönung (25–29), Tragen des Kreuzes (29–32), Kreuzigung (32–35), Sonnenfinsternis
(35), Grab Christi (35–38), Auferstehung (38–41), Wunden des Auferstandenen (42–44),
Engel am Grab (44–46), Erscheinung vor Maria (46), Grabwächter (47–48), Erscheinung
in Gestalt eines Gärtners vor Maria Magdalena (49–50), Hl. Katharina von Siena (50–51),
Pfingstwunder (52–58). Den Abschluss bilden kürzere Zyklen und Einzelgedichte zu Jo-
hannes dem Täufer (58–59), Ignatius von Loyola (60), einem Gespräch mit einem Schutz-
engel (61), dem Geburtstag Marias (61–62), einer Anekdote zu Mariä Himmelfahrt (62),
gegen einen Juden, der das Begräbnis Marias zu stören versucht (63–64), sowie auf Simon
4 Die Angabe Anno MDCXIII zu Beginn dieser Seite ist aus unklaren GrĂĽnden durchgestrichen ; sie
steht noch einmal auf S. 241. Der annähernd gleiche Umfang der sich ergebenden Abschnitte und
thematische Erwägungen (s.u.) sprechen aber dafür, die Streichung zu ignorieren.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593