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Dichtung 407
Paratexte
Thematik und
Wirkintention
75–87) aus. Die Miscellanea sacra („Vermischte Gedichte zu heiligen Themen“ ; 88–101)
behandeln in 33 – nicht bis zum Schluss durchgezählten – Epigrammen Themen aus AT,
NT, Hagiographie und Ordensgeschichte ; bei dieser geht es v.a. um Saviolis eigenen Or-
den, die Kapuziner, und ihren Patron Franz von Assisi. Drei Briefpaare beschlieĂźen den
Band (102–119) : Die christliche Seele schreibt an ihren Gemahl im Himmel und beklagt
sich über die Anfechtungen, denen sie von Seiten der Welt, des Fleisches und der Dämo-
nen ausgesetzt ist. Er antwortet ihr mit guten Tipps, wie sie diesen Anfechtungen entgehen
kann.
Der Band enthält auffällig viele Paratexte. Der Sammlung als Ganzer sowie ihren
einzelnen Bestandteilen sind insgesamt rund drei Dutzend prosaische und poetische
Widmungsbriefe, Vorworte an den Leser und sogenannte Programmata – Gedichte
mit Widmungen an Instanzen wie die Jungfrau Maria (9) oder den Heiligen Geist
(11) oder poetologischer Programmatik – voran- und nachgestellt. Sie gewähren
einerseits Einblick in Saviolis weitgespanntes Beziehungsnetz, das von den erwähn-
ten Erzherzögen über Angehörige des niederen Adels (z.B. 79), Kanoniker (17, 51,
88), OrdensbrĂĽder (64) und Mitglieder Marianischer Kongregationen (8, 10) bis
zu sonstigen Bekannten (84) und Verwandten (28) reicht. Andererseits äußert sich
der Autor in ihnen immer wieder zur Machart seiner Dichtung und erklärt, wie
und wozu er gelesen werden will. Er betont die formale Nachlässigkeit seiner Poesie
(z.B. 12–13), die immer wieder denselben engen Kreis von Themen variiere (45,
64), setzt sich von der witzigen, unterhaltsamen Tradition des antiken Epigramms –
gemeint ist v.a. Martial – ab (12) und beteuert im Anschluss hieran, nicht Unterhal-
tung, sondern geistliche Erbauung anzustreben ; ob der Leser aus seinen Gedichten
Gewinn ziehe, hänge dabei freilich von dessen eigener Anstrengung ab (63, 75).
Auch wenn diese Aussagen z.T. topisch sind, charakterisieren sie Saviolis Dichtung
in ihrer Gesamtheit recht gut.
Tatsächlich kreist diese Dichtung thematisch in erster Linie um einen einzigen
Gegenstand, die Beziehung des Menschen zu Gott : Sie ist es, die der Leser ständig
ĂĽberdenken und immer weiter vertiefen soll. Auch wo Savioli ĂĽber biblische und
heilsgeschichtliche Themen spricht, steht im Zentrum mit der Kreuzigung derje-
nige Akt, der diese Beziehung auf eine neue Grundlage gestellt hat. Die Fronleich-
namsgedichte weiten sich ebenfalls zu Betrachtungen ĂĽber die rechte Einstellung
zu Gott generell aus (49–50). Dabei insistiert Savioli auf seinem Anliegen geradezu
obsessiv und entfaltet in immer neuen Anläufen all seine Seiten. Oft ordnen sich
die einzelnen Epigramme dabei zu Serien, die demselben Aspekt gewidmet sind
oder von denen eines das andere fortsetzt ; so stehen etwa die meisten der Dekaden
der Flammulae unter einem Leitmotiv, die dritte z.B. unter der Idee von Gott als
Lehrer der Liebe. Mitunter wird die thematische Einförmigkeit noch durch Kehr-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593