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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Seite - 410 -
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410 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Disputation und Lehrgedicht tenzfrage und das Problem der Trinität, danach wird Gottes Wesen definiert, meist ex negativo und in Kontrast zu dem seiner Geschöpfe (Unendlichkeit, Unermess- lichkeit, Ewigkeit usw.) ; den passenden Abschluss bildet Gottes ineffabilitas („Un- aussprechlichkeit“). Der dritte und letzte Abschnitt (dem. XIX–XXIII) zeigt Gott in seinem Verhältnis zur Welt und zu den Menschen, wobei insbesondere nachge- wiesen wird, dass er uns gerecht und liebevoll behandelt und dass sein Vorwissen (praescientia) sich mit dem freien Willen verträgt (vgl. hiermit das fünfte und letzte Buch von Boethius’ Consolatio). Inhaltlich richtet O’Connor sich in alldem nach seinem Ordensbruder Duns Scotus, den er auch sonst verehrt und dessen Denken die Barockscholastik des 17. Jhs. auch und gerade in Tirol entscheidend geprägt hat (vgl. hier S.  501, 503 und 531). Der interessanteste Aspekt des Helicon besteht wohl darin, dass er zwei wissen- schaftliche bzw. didaktische Formen in sich vereint, die sonst streng voneinander getrennt sind : die akademische Disputation über eine Reihe von Thesen und das hexametrische Lehrgedicht. In dem Schreiben an Girardi ([VI]) erklärt O’Connor diese Gattungsmischung mit dem aus Lukrez, dem gegebenen Vorbild im Bereich der Lehrdichtung, stammenden Gedanken, er wolle dem Publikum den theolo- gischen Lehrinhalt durch die poetische Form schmackhafter machen und besser einprägen (vgl. Lucr. 1,935–950). Dass er in dieser aber mehr sieht als ein blo- ßes Mittel zum Zweck, zeigt die Vorrede an den Leser : In ihr beruft er sich auf das Beispiel christlicher Dichter von Arator bis Balde, bittet um Entschuldigung dafür, dass er manchmal im Anschluss an sie das Versmaß lässig handhabe, und ersucht um Würdigung seiner Imitation der Klassiker, ja selbst der Übernahme längerer Partien aus ihnen (vgl. v.a. dem. II, IV). Tatsächlich sind Dichter wie Vergil und Ovid sprachlich durchaus präsent, ebenso Lukrez selbst. An diesen erinnern neben einzelnen Ausdrücken v.a. das Nebeneinander von poetischen, terminologisch unspezifisch gehaltenen, und technischen Passagen (wobei aller- dings erstere bei weitem überwiegen), die hinter den Ausführungen stehende exis- tenzielle Dringlichkeit und die hieraus entspringende Schärfe der Polemik gegen abweichende Positionen. Noch über Lukrez hinaus geht etwa folgende Attacke gegen Calvins Prädestinationslehre, die diese auf syphilitische Demenz ihres Er- finders zurückführt : Calvitium vitium, cuius sit morbus origo / Gallicus aut animi vitium, quod faedius illo est ; / Calvinus, Gallus, calvus, […] (dem. XXIII, 45 ; „Glatzköpfiges Laster, dessen Ursprung die Französische Krankheit sein dürfte oder eine Geisteskrankheit, die noch grausiger ist ; Calvin, Franzose/geiler Go- ckel, Glatzkopf, […]“).11 Sie ist allerdings insofern atypisch, als gegenreformato- 11 Das lat. calvus, „kahl“, und die Tatsache, dass Calvin Franzose war, dienen als assoziative Verbin- dungsglieder zwischen ihm und der Haarausfall verursachenden „Französischen Krankheit“.
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
TYROLIS LATINA
Untertitel
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Band
1
Autoren
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Herausgeber
Karlheinz Töchterle
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
602
Schlagwörter
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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