Seite - 418 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
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418 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
lauchtigster Fürsten“ ; Rovereto 1626) bei. Das bemerkenswerte, schon im Wort-
laut des Titels und in der Einleitungsepistel (Bl. 2r–3r) angedeutete Konzept des
Bandes ist von Plutarchs Parallelviten inspiriert, die jeweils einer bedeutenden
Gestalt aus der griechischen eine ihr entsprechende aus der römischen Geschichte
gegenĂĽberstellen. Allerdings bemĂĽhen sich die Parallela lumina im Gegensatz zu
Plutarch nicht ernsthaft darum, ihre Persönlichkeiten zueinander in Beziehung
zu setzen, und verzichten auch auf deren abschließenden Vergleich. Sie präsen-
tieren einfach in chronologischer Reihenfolge zunächst drei berühmte Mitglieder
des Hauses Habsburg, nämlich Maximilian I. (Bl. 4r–7r), Karl V. (Bl. 7r–9v) und
Ferdinand II. (Bl. 10r–13r), danach mit Leo X. (Bl. 13r–16r), Clemens VII. (Bl.
16v–17r) und Pius IV. (Bl. 17r–20r) drei wichtige Medici. Die Bedeutung der Fa-
milien von Bräutigam und Braut und die Tragweite der Hochzeit selbst werden
so durch drei Kaiser bzw. Päpste unterstrichen. Das Metrum ist in der Regel der
Hexameter, nur das Gedicht auf Clemens VII. steht in einem horazischen MaĂź,
dem Alcaicum, wohl weil es dieser Papst war, der erstmals das Hymnar der katho-
lischen Kirche in klassische, v.a. horazische MaĂźe umschreiben lieĂź (Moss 1986,
374). Das Lat. ist dicht und nicht immer leicht verständlich. In allen Fällen
gibt sich der Dichter MĂĽhe, das Lob des jeweiligen Ahnen mit der Situation der
Hochzeit zu verknĂĽpfen : Karl V. erscheint vor dem geistigen Auge des mit der
Organisation der Feierlichkeiten beschäftigten Amor. Der Rahmen des Gedichts
über Ferdinand II., dessen Mittelteil seine Kriegstaten ausfüllen, ist seiner Bezie-
hung zu seinem Bruder Leopold, dem Bräutigam, gewidmet. Clemens VII. und
Pius IV. werden vom Dichter in eigener Person zur Hochzeit herbeigerufen. Ma-
ximilian entsteigt gar, als er den Hochzeitslärm vernimmt, seinem – in Wirklich-
keit leeren – Grab in der Innsbrucker Hofkirche, zieht dem Paar umgeben von
seinen Gefolgsleuten auf einem Prunkwagen entgegen und wĂĽnscht diesem, das
sich vor ihm niederwirft, alles Gute : Ut propius nomen LEOPOLDI contigit aures
/ INDUPERATORIS, disclusa protinus urna / Progreditur passuque gravi vultuque
sereno […] (Bl. 4v ; „Als der Name LEOPOLDS aus größerer Nähe an die Ohren
des KAISERS drang, öffnete er sogleich sein Grab und trat mit würdigem Schritt
und heiterem Antlitz hervor […]“). Ein Gegenstück hierzu – gleichzeitig die
einzige auffällige Parallele zwischen zwei einander entsprechenden Gedichten der
beiden Hälften – bildet der Auszug Leos X. mit einem Gefolge von Eroten aus
seinem Grab in Rom. In allen sechs Gedichten impliziert die Verbindung eines
Herrschers mit der Hochzeitsthematik generisch eine zwischen Epithalamium
und Herrscherlob angesiedelte Mischform. Am nächsten kommt einem Epitha-
lamium im eigentlichen Sinne dabei das Schlussgedicht mit seiner ausfĂĽhrlichen
Beschreibung der Festfreude samt mythologischem Personal (Hymenaeus, Ero-
ten) und den abschlieĂźenden guten WĂĽnschen an das Brautpaar.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593