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434 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Begleitgedichte zu Riert (?), Chimerlehem und Hocelburg und erklärt, er wolle in der Nachfolge
der (von ihm als Panegyrik verstandenen) Bukolik Vergils Deutschland, das von
den Habsburgern und anderen guten FĂĽrsten beherrscht werde, als Land des Frie-
dens und des Überflusses preisen. Das dramatische Hexametergedicht selbst (5–8)
beginnt damit, dass ein bejahrter italienischer Hirt Amyntas – anscheinend das alter
ego des Dichters –, der gerade nach Deutschland gekommen ist, seiner Verwunde-
rung über die dort herrschenden paradiesischen Zustände Ausdruck verleiht. Ein
deutscher Kollege, Alphesibaeus, der ihn belauscht hat, bietet ihm Obdach, Essen
und Wein an, fragt ihn nach dem Grund seines Hierseins und bekommt zur Ant-
wort, er sei vor einem Krieg und PlĂĽnderungen aus Brescia geflohen. Wie und wes-
halb Amyntas-Aliprandi überhaupt nach Brescia gekommen ist, erfährt der Leser
so wenig wie die Ursachen fĂĽr die dortigen Wirren, die im Ăśbrigen historisch nicht
belegt scheinen. AnschlieĂźend beginnt Alphesibaeus damit, Deutschlands GlĂĽck
auf seine großen Herrscher zurückzuführen, wobei er Gestalten wie Rudolf I. oder
Maximilian I. wie Zeitgenossen aufzählt. Hier bricht der Text ab. Verloren ist wohl
v.a. weiteres Herrscherlob, vermutlich auch eine Bezugnahme auf Aliprandis Ad-
ressaten und allegorisch verkleidete Bitten um UnterstĂĽtzung. Wichtigstes Vorbild
fĂĽr die geschilderte Situation ist Vergils erste Ekloge, bei der sich Aliprandi auch
sprachlich ausgiebig bedient (v.a. 6–7). Das Deutschlandlob zu Beginn (5–6) greift
daneben auch auf die Georgica zurĂĽck. Punktuell tauchen noch weitere antike
Modelle auf und belegen wenn schon nicht Aliprandis poetisches Ingenium, so
doch seine Bildung ; so adaptiert beispielsweise Alphesibaeus’ reimende Anrede an
Amyntas, obsitus […] hospes pannis miserandus et annis (6 ; „Gast […] mit Lumpen
bedeckt und durch dein Alter erbärmlich“), einen Terenzvers (Eun. 236).
SchlieĂźlich seien noch die als Gattung schon im letzten Poesie-Kapitel (vgl.
hier S. 259–260) besprochenen, auch in dieser Epoche wieder zahlreich anzutref-
fenden Begleitgedichte zu größeren Publikationen erwähnt, die meist den Autor
loben oder (bei panegyrischen Werken) den Preis des von diesem Gefeierten un-
terstreichen. Einige Beispiele wurden bereits weiter oben in anderen Zusammen-
hängen genannt. Unter den restlichen23 erscheinen am ehesten einige der einleiten-
den Gedichte zu Jakob Schrenck von Notzings 1601 in Innsbruck erschienenem
opus magnum über die Rüstkammer Ferdinands II. auf Schloss Ambras (vgl. hier
S. 328–330) bemerkenswert. Das zweite und dritte, eine Elegie und ein Epigramm
eines Anselm Stoeckel, unterstreichen ihre Aussage, die RĂĽstkammer mache die
23 Gedichte in größerer Zahl begleiten z.B. noch die Reden Nicolao Inamas auf Lodovico und Carlo
Gaudenzio Madruzzo (Trient 1600 und 1604 ; vgl hier S. 465–468) und Bonaventura O’Connors
Sammlung lobender Urteile über Duns Scotus (Bozen 1660 ; vgl. hier S. 503). Caspar Pansa (vgl.
hier S. 473–476) preist Christoph Scheiners Oculus (vgl. hier S. 557).
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593