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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Seite - 446 -
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446 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Ovinius Gallicanus Herrscherfiguren, hervor. In Innsbruck finden wir während der Zeit der jüngeren Linie der Tiroler Habsburger z.B. 1631 und 1640 Aufführungen über Kaiser Theo- dosius I. (reg. 379–395 ; Valentin, Nr. 1084, 1268), 1639 über den oströmischen Kaiser Zenon (reg. 474–491 ; Nr. 1238), 1658 über den bulgarischen Khan Boris  I. (reg. 852–889 ; Nr. 1845), 1661 über den burgundischen König Sigismund (reg. 516–524 ; Nr. 1949) usw. Alle diese Herrscher sind im Guten oder Schlechten für das Christentum bedeutend. Überhaupt ist die Orientierung an der christlichen Zeit der Spätantike und des Mittelalters kennzeichnend. Die vorchristliche Zeit wird – noch – konsequent vermieden. Trotzdem ist ein Schritt in Richtung Ver- weltlichung getan, und mit dem 1638 aufgeführten Drama über die Intrigen des Rufinus am Hof der Kaiser Theodosius und Arcadius (Valentin, Nr. 1211) haben wir auch ein sehr frühes Beispiel, in dem das Christentum gar keine besondere Rolle spielt. Vielmehr scheint in diesem Fall beabsichtigt zu sein, ein abschrecken- des Beispiel für Illoyalität bei Hof zu geben. Elida Maria Szarota, die die Perioche zu diesem Rufinus ediert hat, spekuliert sogar mit einem aktuellen Bezug zur gro- ßen Politik, indem sie den vier Jahre zuvor ermordeten Wallenstein als Vorbild für den Intriganten vorschlägt (Szarota 1979–1987, Bd. 2,2, 2353). Dieses Interesse am Hof und an weltlichen Herrschern ist ein überregionaler Trend im Jesuiten- drama der Zeit, hängt aber gerade in Innsbruck und z.T. in Hall offensichtlich auch mit der Präsenz einer neuen Herrscherdynastie, ihrer Prachtentfaltung und ihren absolutistischen Tendenzen zusammen. Die Entwicklung ist hier im Kleinen ähnlich wie in Wien, wo der aus Brez im Nonstal gebürtige Nikolaus Avancini (1611–1686) mit Dramen wie der Pietas victrix („Siegreiche Frömmigkeit“ ; Wien 1659) den Typ des jesuitischen ludus Caesareus, der panegyrischen und spektakulär inszenierten Staatsaktion im Beisein des Kaisers, zur Vollendung führte. Jenes Inns- brucker Drama, mit dem das neue Paradigma in Tirol erstmals durchbricht und das zu seinem Erfolg wohl einiges beigetragen hat, wurde denn auch tatsächlich zu Ehren des Kaisers gegeben : Anlässlich der 1622 in Innsbruck gefeierten Hochzeit Kaiser Ferdinands  II. mit Eleonore von Mantua inszenierten die Jesuiten ein Stück namens Ovinius Gallicanus (Valentin, Nr. 887). Im Zentrum des Ovinius Gallicanus steht der gleichnamige heidnische Feldherr des christlichen Kaisers Konstantin. Wie aus den Quellenangaben der Perioche (hg. von Szarota 1979–1987, Bd. 1,1, 135–141) hervorgeht, ist dieser Gallicanus grund- sätzlich mit dem sonst bekannten, gleichnamigen Märtyrersoldaten aus Alexandria identisch. Allerdings kommt ein Martyrium in unserem Stück nicht vor, vielleicht, um die festliche Hochzeitsstimmung damit nicht zu trüben. Die Abwandlung der Figur ist ein sinnfälliger Ausdruck dafür, dass das Märtyrerstück in der jesuitischen Dramaturgie nicht mehr allein tonangebend ist.
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
TYROLIS LATINA
Untertitel
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Band
1
Autoren
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Herausgeber
Karlheinz Töchterle
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
602
Schlagwörter
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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