Seite - 450 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
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450 Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669)
Intention
Vielfalt und
Vitalität mit dem Rudolphus Habspurgicus Leopold V. als Gründer einer neuen Linie der
Habsburger gefeiert wurde, stand nun in der Caecilia Claudia im Zentrum. Mit 92
Darstellern gehörte das Stück zu den aufwendigsten dieser Zeit in Hall. Auch die
sehr lange, fünfseitige Begrüßung durch die personifizierte Stadt Hall fällt aus dem
Rahmen einer gewöhnlichen Aufführung. Der Begrüßung entspricht am Ende ein
Epilog, in dem den Erzherzogen Dank und gute Wünsche überbracht werden. Da-
zwischen spielt sich die eigentliche Handlung ab, die sich im Wesentlichen eng an
die Cäcilienlegende hält. Bei der folgenden Wiedergabe des Inhalts wird auf einige
komische Nebenhandlungen verzichtet.
1. Akt : Die bereits mit Valerianus verlobte Cäcilia empfängt vom Himmel das Geschenk
ewiger Jungfräulichkeit. Sie hört Hochzeitsmusik und singt ihrem himmlischen Bräutigam
dazu ein Hochzeitslied. Ihrem Verlobten gesteht sie ihre Liebe zu Gott, was dieser zunächst
für Untreue hält. Cäcilia erklärt ihm, dass er sich taufen lassen müsse, um ihren Bräutigam
zu sehen. Valerianus geht darauf ein. Gleich nach der Taufe übergibt ein Engel den beiden
weiße und rote Siegeskränze (zum Zeichen ihres nahenden Martyriums). Die beiden be-
kehren auch Tiburtius, Valerianus’ Bruder, zum Christentum.
2. Akt : Der römische Prätor Almachius erlässt ein Edikt gegen die Christen. Es kommt
zu ersten Verhaftungen. Cäcilia, Valerianus und Tiburtius reagieren mit strenger Lebens-
führung und Wohltätigkeit gegenüber den Armen. Die beiden Brüder werden zum Tod
verurteilt. Zusammen mit Cäcilia gelingt es ihnen aber noch vor ihrem Tod, den Kammer-
diener des Almachius, Maximus, zu bekehren.
3. Akt : Valerianus verkündet Cäcilia vom Himmel herab den glorreichen Märtyrertod.
Almachius verurteilt Cäcilia und lässt ihren Besitz einziehen. Die Soldaten finden bei einer
Hausdurchsuchung aber nur die Evangelien und andere Devotionalien. Schließlich werden
sie von Cäcilia sogar bekehrt. Dennoch führt man diese vor Gericht, wo sie standhaft bleibt.
Almachius befiehlt, sie in einem siedenden Bad zu verbrühen. Cäcilia überlebt diese Strafe
aber auf wundersame Weise. Wütend darüber lässt Almachius sie enthaupten. Während ihr
Leichnam zu Grabe getragen wird, besingt ein himmlischer Chor Cäcilias Triumph.
Für moderne Maßstäbe scheint es unangemessen, eine solche Fabel vor einem frisch
vermählten Brautpaar zu spielen. Cäcilia, in der sich Erzherzogin Claudia erkennen
sollte, erteilt der irdischen Liebe ja gerade eine Absage. In der katholischen Propa-
ganda der österreichischen Erzherzoge konnte das Motiv der heiligen Hochzeit mit
Gott aber auch geradezu als Kompliment an die Sittenreinheit des Fürstenpaars
verstanden werden. Die reale irdische Verbindung wird nicht verneint, sondern in
ihrer christlichen Reinheit gelobt.
Zwei kleinere Stücke können die Vielfalt und Vitalität des Jesuitendramas jener
Jahre unter Beweis stellen, in denen sich an Leopold
V. und die von ihm begründete
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593