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Theater 455
damit, dass er sogar mit Königen frei und ohne Angst sprechen kann. So ist er nun gerade
am Weg zum assyrischen Hof nach Ninive, wohin er eingeladen wurde (5). In Ninive wird
Diogenes seine Vorwitzigkeit zum Verhängnis. Er wird vom Assyrerkönig Ninus zum Tod
verurteilt. Die Beteuerung des Philosophen, dass alles nur ein Scherz gewesen sei, hilft ihm
nicht mehr (6). Semiramis, die Gattin von König Ninus, bittet diesen darum, sie einmal
fünf Tage lang regieren zu lassen. Ninus geht auf diesen vermeintlichen Scherz ein und
gesteht es ihr zu. Semiramis nimmt Ninus daraufhin aber sogleich gefangen und lässt ihn
hinrichten. Damit hat sie die Herrschaft dauerhaft erlangt (7).
2. Akt : Der sächsische Graf Ramirus wird von seinem Lehrmeister Machiavellus davon
überzeugt, dass es kein Jenseits gebe und dass deshalb hemmungsloser Lebensgenuss und
politischer Betrug nur Vorteile bringen. Anschließend geht Ramirus über einen Friedhof
und stößt mit dem Fuß an den Schädel des toten Soldaten Godefridus. Aus Jux lädt Rami-
rus diesen – wie Don Giovanni den Komtur – zum Abendessen ein (1). Godefridus steigt
als ‚Untoter‘ mit acht anderen Verstorbenen aus dem Grab. Sie führen einen Totentanz auf
(2). Im Gespräch mit Libitina und anderen Totengöttern wird ein Anschlag auf Ramirus
vorbereitet (3). An der üppigen Tafel des Ramirus streiten sich zwei Parasiten. Machia-
vellus unterhält die Gäste (4). Dem fröhlichen Treiben wird durch den Auftritt der Toten
ein jähes Ende bereitet. Alle fliehen erschreckt, nur Ramirus bleibt zurück. Er wird von
Godefridus ergriffen und grausam zerschmettert (5). Ein Chorlied warnt davor, mit den
Toten ein Spiel zu treiben.
3. Akt : Der byzantinische Kaiser Palaeologus ist schwer erkrankt und leidet an einer
durch feuchten Schleim (Phlegma) verursachten Kälte. Seine Mediziner sehen nur mehr
eine Chance auf Rettung : Man müsste den Kaiser derart in hitzigen Zorn versetzen, dass
der Schleim verdampft. Mit Einwilligung der Kaiserin werden deshalb sämtliche Diener
dazu angestiftet, ihren Mutwillen mit dem Kaiser zu treiben (1). Das Mittel tut seine Wir-
kung. Der Kaiser wird tatsächlich geheilt und belohnt seine Diener, deren Scherz er für
Ernst gehalten hatte. Der Spectator bekundet sein Wohlwollen über diese (körperliche)
Heilung. Darauf wird er vom Interlocutor auf die noch viel erfreulichere (geistige) Hei-
lung des Schauspielers Genesius hingewiesen (2). Auf Verlangen einiger Höflinge äfft der
römische Schauspieler Genesius die Christen nach und will sich als Höhepunkt sogar zum
Scherz taufen lassen (3). Genesius wird vor den Augen des hinzugekommenen Kaisers Di-
okletian von einem christlichen Priester getauft. Der Schauspieler wird dadurch wirklich
bekehrt und verteidigt nun aufrichtig das Christentum, was die Umstehenden zunächst
noch für einen Scherz halten. Als Diokletian aber schließlich bemerkt, dass aus dem Scherz
Ernst geworden ist, lässt er Genesius hinrichten. Dieser stirbt glorreich als Märtyrer (4). In
einem Epilog danken Interlocutor und Spectator den Zuschauern für ihre Aufmerksamkeit
und ziehen die Lehren aus dem Schauspiel.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593