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Beredsamkeit 473
pompöser Stil
Pansa,
Leichenreden
des zu Lobenden und greift so auf das
gebräuchlichste Strukturprinzip des Per-
sonenenkomions zurück. Zum Schluss
kehrt Guarinonius ringkompositorisch
zur Zeremonie zurück und gibt einen
Ausblick auf Zenns gewiss vorbildliche
künftige Amtsführung (Bl. 388r–389v).
Mit der ersten Rede gemeinsam sind der
zweiten das Motto und der Rekurs auf
das Firmament, das hier allerdings nicht
mehr in extenso thematisiert wird, son-
dern die Rede in Form leitmotivischer
Metaphorik durchzieht. Überhaupt
arbeitet Guarinonius in dieser Rede
stark mit Leitmotiven : So kehren das
Motto aus Dan 2,48 und der Vergleich
Daniel Zenns mit dem Daniel des AT
öfters wieder (das Motto wird hier also
stärker funktionalisiert als in der ersten
Rede), und auch sein Vergleich mit ei-
nem Lastschiff und der seiner Tugenden
mit dessen Fracht werden auf diese Art
behandelt.
Was die Ausdrucksseite der beiden Reden betrifft, so zeigt Guarinonius sich in
ihnen, wie übrigens schon in derjenigen auf Carlo Gaudenzio Madruzzo, als Stilist
von barocker Exuberanz, dessen Perioden ganze Seiten füllen können und der dem
Pomp seiner offiziösen Rhetorik nicht selten die Klarheit des Ausdrucks opfert.
Zahlreiche Randbemerkungen zeigen dabei, wie er bei der Überarbeitung seiner
Entwürfe immer neue Nachgedanken und Nebensätze einschiebt, und gewähren so
Einblick in die Genese dieses ausufernden Stils.
In den Jahren 1618 und 1619 verschieden innerhalb weniger Monate zwei bedeu-
tende Mitglieder des Hauses Habsburg, am 2. 11. 1618 Erzherzog Maximilian III.
der Deutschmeister, am 20. 3. 1619 Kaiser Matthias. Obwohl beide in Wien starben
und bestattet wurden, fanden jeweils auch in Innsbruck, vermutlich in der Hof-
kirche, aufwendige Trauerfeierlichkeiten statt, im ersten Fall am 21. 12. 1618 (vgl.
Abb. 68), im zweiten 30 Tage nach dem Tod (vgl. hier S. 285), also je nach Zäh-
lung am 18., 19. oder 20. 4. 1619. Beide Male wurde dabei derselbe Mann mit
einer oratio funebris beauftragt, nämlich der Doktor beider Rechte Caspar Pansa aus
Nürnberg (1585–1657). Pansa war 1610 nach Innsbruck gekommen und dort 1615
Abb. 68: Im Dom zu St. Jakob in Innsbruck
errichtetes Trauergerüst für Erzherzog Maximi-
lian III., Stich von Andreas Spängler.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593